Tageschau.de,
12.03.2003
Erfolg
für Öcalan vor Menschengerichtshof
Der
Europäische Gerichtshof hat schwere Kritik an dem Verfahren gegen
PKK-Chef Abdullah Öcalan in der Türkei geübt. Die Richter
urteilten, der Prozess habe gegen das Grundrecht auf ein faires Verfahren
sowie gegen die Europäische Charta für Menschenrechte verstoßen.
Grundrechte
verweigert
Der Prozess sei unfair gewesen, da Öcalan nur eingeschränkten
Kontakt mit seinem Verteidigern gehabt habe. Zudem habe ein Militärrichter
an einem Teil des Verfahrens teilgenommen. Das Gericht sei kein "unabhängiges
und unparteiisches Tribunal" gewesen, befand die Große Kammer
des Straßburger Gerichts.
Überdies beanstandeten die Richter die Todesstrafe, die zunächst
gegen den Vorsitzenden der verbotenen Kurdenpartei verhängt worden
war. Sie stellten fest, Öcalan sei unmenschlich behandelt worden.
Die Türkei wurde angewiesen, die Prozesskosten in Höhe von 100.000
Euro zu tragen. Ankara kündigte der halbamtlichen türkischen
Nachrichtenagentur Anadolu zufolge Einspruch an.
Verschleppung
legitim
Öcalan war 1999 zum Tode verurteilt worden. Er soll den 15-jährigen
Aufstand der Kurden gegen die Türkei angeführt haben, der rund
37.000 Menschen das Leben kostete. Die Strafe war im vergangenen Jahr
in lebenslange Haft ungewandelt worden, nachdem die Türkei die Todesstrafe
abgeschafft hatte. Der Chef der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) war von
türkischen Sicherheitskräften in Kenia festgenommen und in die
Türkei gebracht worden. Darin sah der Gerichtshof keinen Verstoß
gegen die Menschenrechtscharta.
Die Urteile des Straßburger Gerichtshofs müssen von allen Mitgliedsländern
des Europarats umgesetzt werden. Zu ihnen gehört die Türkei.
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