Dicle Nachrichtenagentur (DIHA), 02.05.2003 Öcalan: Werde Besuche verweigern Wie Hatice Korkut als Anwältin und Mehmet Öcalan als Bruder des KADEK-Vorsitzenden Abullah Öcalan heute auf einer Pressekonferenz im Menschenrechtsverein (IHD) in Istanbul bekannt gegeben haben, hat Öcalan angekündigt, in Zukunft jegliche Besuche zu verweigern, falls sich die Anwendung der Besuchsregelung nicht verbessere. Korkut verwies darauf, dass ihr Mandant seit dem 15. Februar 1999 bis heute unter schwersten Isolationsbedingungen auf der Gefängnisinsel Imrali als einziger Häftling gefangen gehalten werde und seine Haftbedingungen auf unrechtmäßige Weise verschlechtert würden. Öcalans Anwälte und Familie konnten seit Oktober 2002 lediglich fünf Mal für jeweils eine Stunde einen Besuch auf Imrali abstatten. Korkut führte weiterhin aus: “Die Besuchsverweigerungen, deren Begründungen weit entfernt davon sind, glaubwürdig zu sein, bedeuten, dass selbst das Recht auf anwaltliche Verteidigung außer Kraft gesetzt wird. Des weiteren ist die Besuchsdauer beim letzten Besuch weiter verkürzt worden. Standen zuvor jeweils eine Stunde für Verteidigung und Familie zur Verfügung, ist die Besuchszeit jetzt auf 45 Minuten für die Anwälte und 15 Minuten für die Familie begrenzt worden. Insbesondere für die Familie stellt diese Situation eine ernste Rechtsverletzung dar.” Korkut betonte, dass aufgrund dieser ungesetzlichen Verfahrensweise beim letzten Besuch nicht einmal ausreichend Informationen über die Gesundheit und Lebensbedingungen Öcalans in Erfahrung gebracht werden konnten. Außerdem erklärte sie: “Zur Zeit laufen Verfahren vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof und in Griechenland. Da kein Meinungsaustausch über diese Prozesse mit unserem Mandanten stattfinden konnte, ist das Recht auf Verteidigung außer Kraft gesetzt. Beide Verfahren befinden sich in einer kritischen Phase. Da unser Mandant nicht über die Möglichkeit verfügt, sich ausreichend über den Stand der Verfahren zu informieren, lässt sich der Schluss ziehen, dass es sich um eine bewusste Behinderung handelt. Über die Haftbedingungen im Gefängnis Imrali sind von hohen staatlichen Stellen Erklärungen an die Öffentlichkeit weitergeleitet worden, in denen es heißt: ‘Wir haben die Todesstrafe abgeschafft, aber die Hinrichtung findet langsam Tag für Tag statt’. Diese Aussage bedeutet einen Verstoß gegen die Prinzipien des Rechtsstaates sowie gegen die Persönlichkeitsrechte.” Öcalan selbst bewerte das Vorgehen als Provokation gegen die Bemühungen für Frieden und Einigung, so Korkut: “Es zeigt sich, dass es sich über eine juristische Frage hinaus um eine politische Entscheidung handelt. In letzter Zeit haben positive Diskussionen über eine demokratische Lösung der kurdischen Frage stattgefunden. Die Verfahrensweise gegen unseren Mandanten ist dazu geeignet, diese sich entwickelnden positiven Herangehensweisen zu zerstören. Unser Mandant hat mitgeteilt, dass es sich bei dem Vorgehen in Verbindung mit den Entwicklungen im Irak um ein Spiel gegen die Türkei und die Freiheit der Bevölkerung handelt und die Probleme demokratisch gelöst werden müssen. Unser Mandant Herr Abdullah Öcalan betont, dass der türkische und kurdische Nationalismus angeheizt werde, um eine lange andauernde Gewaltsituation zu provozieren. Die bestehenden Probleme lassen sich nicht mit Vernichtung und Vernichtung lösen. Weiterhin hat unser Mandant angekündigt, dass er weitere Besuche von Verteidigung und Familie verweigern wird, falls keine Besserung in der Anwendung eintritt, da diese ihre Funktion unter den gegenwärtigen Umständen eingebüßt haben. Wir möchten nachdrücklich betonen, dass sich alle betreffenden Kreise von dieser Situation alarmiert fühlen und aktiv werden sollten, damit die aus dem Sonderstatus entstehenden schwerwiegenden politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen verhindert werden.” Zwei Tage Weg für 15 Minuten Besuch Mehmet Öcalan erklärte auf der Pressekonferenz, dass er und seine Schwestern jede Woche aus Urfa angereist kämen, um ihren Bruder zu besuchen und protestierte gegen die Sonderregel, mit der die Besuchszeit auf 15 Minuten reduziert worden sei. (...) Die Vorsitzende der IHD-Zweigstelle in Istanbul, Kiraz Bicici, erklärte im Anschluss, dass es sich bei der Isolation nicht mehr um ein technisches Ereignis handele und verwies auf die Erklärungen des Generalstabs. “Es handelt sich hierbei um eine schwere Rechtsverletzung. Um wen es sich auch handelt, es können keine Sonderregelungen für Einzelpersonen getroffen werden. Die Isolationspolitik muss unverzüglich beendet werden.” Auf der Pressekonferenz wurde von einem Journalisten folgende Frage an Rechtsanwältin Hatice Korkut gestellt: “Ein DEHAP-Mitglied ist verhaftet worden, weil es die Anrede ‘Sayin Öcalan’ (Anm.: etwa ‚Herr’, aber gleichmaßen für Frauen benutzbare achtungsvolle Anrede) benutzt hat. Auch Sie benutzen dieses Wort. Wie bewerten Sie diese Situation?” Daraufhin antwortete Korkut: “Ich benutze das Wort ‘Herr’, weil es sich um meinen Mandanten handelt. Aber auch wenn er nicht mein Mandant wäre, würde ich es benutzen. Nur ich entscheide darüber, wem gegenüber ich Achtung empfinde und als ‘Herr’ anspreche. Auch in Zukunft werde ich diese Anrede verwenden.” Kiraz Bicici fügte dieser Stellungnahme hinzu: “Ab sofort werde auch ich diese Anrede für Öcalan benutzen. Wer zu wem ‘Herr’ sagt, hängt nicht vom Willen des Staates ab, sondern von jedem Menschen selbst. Wenn es sich dabei um ein Verbrechen handelt, müssen wir dieses Verbrechen alle gemeinsam begehen und die entsprechende Strafe bekommen”.
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