junge Welt, 28.02.2007 Soldaten für Ilisu Türkei militarisiert Großstaudammprojekt. Ultimatum an Bundesregierung, Hermesbürgschaft zu übernehmen Von Nick Brauns Der Bau des Ilisu-Großstaudammes im kurdischen Südosten der Türkei soll von 5000 Soldaten abgesichert werden. Mit diesem Beschluß leitete das »Höchste Amt zur Bekämpfung des Terrorismus« (TMYK) unter Vorsitz des türkischen Außenministers Abdullah Gül vor wenigen Tagen die Militarisierung des Staudammbaus ein. 80 Prozent der Bevölkerung in den direkt betroffenen Gebieten am Oberlauf des Tigris lehnen den Dammbau ab, der zur weitgehend entschädigungslosen Vertreibung von 55000 Menschen und der Zerstörung der historischen Stadt Hasankeyf führen würde. Die kurdische PKK-Guerilla hatte bereits mit Anschlägen auf den Bau gedroht. Auf der Sitzung des TMYK, an der die Minister für Justiz, Innenangelegenheiten und Finanzen sowie Vertreter der staatlichen Wasserbehörde DSI, des Geheimdienstes MIT und des Generalstabes teilnahmen, wurde nach Informationen der kurdischen Nachrichtenagentur ANF ein zügiger Baubeginn für Ilisu gefordert. Außerdem solle mit dem Bau des Cizre-Staudamms im türkisch- irakisch-syrischen Grenzdreieck begonnen werden, um das Tigris-Wasser zu speichern und zu regulieren. DSI-Geschäftsführer Veysel Erogku kündigte zudem den Bau von zwei kleineren Staudämmen für die Zap-Gewässer in Kurdistan an. Weder Irak noch Syrien wurden dazu bislang von der Türkei konsultiert. Beide Ländern werden durch das Aufstauen der grenzüberschreitenden Gewässer politisch erpreßbar. Das Ilisu-Großstaudammprojekt soll mit internationaler Beteiligung realisiert werden. Die Regierungen von Deutschland, Österreich und der Schweiz hatten Ende vorigen Jahres Exportrisikogarantien über 400 Millionen Euro grundsätzlich zugestimmt, dies aber von der Einhaltung von 30 bislang geheim gebliebenen Auflagen durch die Türkei abhängig gemacht. Dieser Prozeß geht der türkischen Regierung offensichtlich zu langsam. Wenn bis Ende März noch keine endgültige Zusage von Hermes und den österreichischen und Schweizer Exportrisikoversicherungsagenturen vorliegt, will sich die Türkei laut Informationen der Tageszeitung The New Anatolian nach anderen Partnern umschauen. Im Gespräch war bereits China. Da mit einer Entscheidung im März zu rechnen ist, rufen Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen dazu auf, jetzt verstärkten Druck auf die Bundesregierung auszuüben, um die Vergabe von Hermes-Bürgschaften für Ilisu noch zu stoppen. |