Der Standard, 21.3.2007 Matznetter verteidigt umstrittenes Kraftwerksprojekt Kurden bezeichnen Bau von Ilisu als "Bruch des Völkerrechts" Wien - Finanz-Staatssekretär Christoph Matznetter (S) hat das österreichische Engagement am umstrittenen Ilisu-Staudammprojekt in der Südosttürkei verteidigt. Im Gespräch mit der Tageszeitung "Die Presse" (Mittwochsausgabe) stellte er sich damit gegen seine Parteifreundin, die SPÖ-Umweltsprecherin Petra Bayr. Sie lehnt das vorliegende Projekt ab. "Es bedroht Umwelt- und Menschenrechte", sagte sie. Das Regierungsmitglied Matznetter teilt diese Einschätzung nicht: "Im konkreten Fall habe ich kein Problem, der Beirat der ÖKB (Österreichische Kontrollbank) hat eindeutig entschieden. Außerdem ist es so, dass im Vorfeld einige Verbesserungen haben erzielt werden können." Und übrigens sei "Österreich ein kleines Rad im Projekt". Verständnis für Kritik Der SP-Politiker zeigte Verständnis für die Kritik von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) und meinte, dass es künftig "mehr Transparenz und mehr Dialog geben soll". Details dazu nannte er nicht, insgesamt will er das österreichische Engagement bei derartigen Projekten allerdings intensivieren. In Österreich tritt vor allem der World Wide Fund for Nature (WWF) gegen den Staudamm auf - und führt ins Treffen, dass "die Weltbank inzwischen wegen zu großer Bedenken ebenso ausgestiegen ist wie die Schweizer UBS Bank sowie britische, schwedische und italienische Baufirmen." Ein Sprecher von Vizekanzler Wilhelm Molterer (V), der die Exportgarantie dem Vernehmen nach noch nicht unterschrieben hat, meinte, dass die "Einbeziehung der Anrainer ein Teil der Prüfung der Auflagen ist. Das wird streng kontrolliert." Die ÖKB werde "zu gegebener Zeit" informieren. Man sei an Verschwiegenheit verpflichtet, "wir werden das ,final commitment' kommunizieren", so der ÖKB-Sprecher. "Bruch des Völkerrechts" Österreichische Vertreter der irakischen Patriotischen Union Kurdistans (PUK) bezeichneten die Vorgangsweise der Türkei beim Bau des Ilisu-Staudammes als "Bruch des Völkerrechts". Durch das Wasserkraftwerk am Tigris entsteht ein 300 Quadratkilometer großer Stausee, die Staumauer ist 1,8 Kilometer lang. Vom Wasser werden antike Baudenkmäler überflutet, zudem ist die Absiedlung von mehreren zehntausend Menschen geplant. Betroffen sind vor allem Kurden. Die Österreichische Kontrollbank (ÖKB) hat erst vor kurzem grünes Licht für eine Exportgarantie für diesen Staudamm gegeben. Allein VA Tech Hydro will sich mit Aufträgen im Gesamtwert von 230 Millionen Euro beteiligen. Die Gesamtkosten werden auf 1,2 Milliarden Euro geschätzt. Die Schweizer Regierung hat das Engagement eidgenössischer Firmen ebenfalls abgesegnet. In Deutschland ist die Entscheidung noch offen.(APA) |