Kurier, 06.07.2007

Kurdenpolitiker kritisiert BA-CA

Der Menschenrechtsaktivist fordert die Bank auf, das umstrittene Tigris-Staudammprojekt Ilisu nicht zu finanzieren.

Der kurdische Oberbürgermeister der türkischen Stadt Diyarbakir, Osman Baydemir, hofft weiterhin auf einen Ausstieg der Österreicher aus dem umstrittenen Tigris-Staudammprojekt Ilisu. "Es ist noch nicht zu spät", so der Kurdenpolitiker und Menschenrechtsaktivist bei einem Besuch in Wien. Er forderte die Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) auf, keine Finanzierung für den Staudamm zu leisten, dafür aber für Tourismusprojekte in der Region.

Schweizer Rückzieher

"Die Kunden (der BA-CA) würden fragen, warum die BA-CA weniger Prinzipien verfolge als die Schweizer Banken", betonte Baydemir. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) hat sich Mitte Juni von der Projektfinanzierung zurückgezogen. Sie hat "nach sorgfältigen Abklärungen und der Beurteilung aller Pro- und Kontra-Argumente", wie es hieß, von ihrem Kredit von 100 Mio. Euro Abstand genommen.

Österreich trägt über den Kraftwerksbauer und Konsortialführer Andritz/VA Tech Hydro mit einem Auftragsvolumen von rund 230 Mio. Euro die finanzielle Hauptlast des Vorhabens. Die Bank Austria prüft eine Finanzierung des Vorhabens, es soll sich den NGOs zufolge um einen Betrag in dreistelliger Millionenhöhe handeln; die Haftungsübernahme von rund 285 Mio. Euro hat die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) zugesichert - unter Einhaltung von mehr als 130 Auflagen.

Kein Vertrag

"Ich glaube, die zuständigen Minister wissen nicht, was sie da unterstützen."
Osman Baydemir, Oberbürgermeister von DiyarbakirDie Türkei wehrt sich gegen die Fälligstellung der Exportkredite bei Nichteinhaltung der Auflagen vor und während der Bauzeit. Es existiere noch immer kein Vertrag zwischen der Türkei und den am Projekt beteiligten Ländern Österreich, Schweiz und Deutschland, so Baydemir. Er zeigte sich überzeugt, dass ein Abkommen erst mit der neu gewählten Regierung zustande kommen wird.

Baydemir lud Vertreter der BA-CA zum Projektschauplatz Hasankeyf ein, um sich über die Dimension des Staudamms sowie den kulturellen Zerstörungen ein eigenes Bild zu machen. Ebenso erneuerte er seine Einladung an Parlamentarier und Regierungsvertreter aller Parteien. "Ich glaube, die zuständigen Minister wissen nicht, was sie da unterstützen."

Umsiedlungen

Die südostanatolische Millionenmetropole Diyarbakir wird einen Teil der durch den Staudamm Umzusiedelnden aufnehmen müssen, fürchten die Verantwortlichen in der Region. Die Metropole platzt bereits jetzt aus allen Nähten. Die Stadt hat bereits hunderttausende Flüchtlinge aus der Region in den Jahren der blutigen Auseinandersetzungen zwischen den kurdischen PKK-Rebellen und der türkischen Armee aufgenommen, die mehr als 30.000 Tote gefordert haben.

Beim Round Table am Freitag mit dem kurdischen Politiker im Parlament, zu dem alle Fraktionen ihr Kommen zusagten, fehlten die Vertreter der Regierungspartei ÖVP sowie das BZÖ. Der ÖVP-Abgeordnete Hermann Schultes war zumindest beim vorherigen Foto-Shooting mit dem Oberbürgermeister zugegen.

Artikel vom 06.07.2007, 18:35 | apa | bib