APA, 13.03.2008

Scholten - Ilisu-Finanzierung "an einem kritischen Punkt"

Türkei "mit sehr Vielem in Verzug" - Im Laufe des April Klarheit, ob OeKB-Finanzierung realisiert wird

Wien (APA) - Die Finanzierung des Ilisu-Staudamms in der Osttürkei durch die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) wackelt offenbar. Die Türkei sei bei der Erfüllung von Bedingungen "mit sehr Vielem in Verzug", sagte OeKB-Vorstandsdirektor Rudolf Scholten am Donnerstag in Klub der Wirtschaftspublizisten. Daher sei die Finanzierung des Projektes durch die OeKB und ihre deutschen und Schweizer Partner "an einem kritischen Punkt" angekommen.

In der Osterwoche werde es in Ankara Gespräche mit der türkischen Seite geben, ob die bisherigen Versäumnisse nun rasch aufgeholt werden können oder nicht. Auf dieser Basis werde es "im Laufe des April" Klarheit geben, ob die Finanzierung der OeKB gemeinsam mit Euler Hermes (Deutschland) und SERV (Schweiz) verwirklicht werde, sagte Scholten. Die von den Finanzierern genannten rund 150 Bedingungen seien aber eine "Mindestlatte", es gebe "keinen Spielraum für Kompromisse".

Auch Umweltorganisationen sprechen in einer Aussendung von einer "überraschenden Wendung". Internationale Experten seien im Zuge einer Prüfung zu eindeutigen und offenbar dermaßen klaren Ergebnissen gekommen, dass sie nun das gesamte Projekt als "ernsthaft gefährdet" einstuften. Der OeKB werfen WWF, Global 2000 und ECA-Watch eine "enorme Verharmlosung" vor. Sie wollen kommende Woche Details aus dem Bericht präsentieren.

Als ein Beispiel für offene Probleme nannte Scholten die Schaffung einer Instanz für die schnelle Abwicklung der Beschwerden von Bürgern, die im Zuge des Staudammbaus von Umsiedlungen betroffen sind. Auch die Schaffung von Bildungsmöglichkeiten für die umgesiedelten Menschen sei sehr wichtig. "Das Schlüsselstück des Ganzen" sei jedenfalls die Umsiedlung der Menschen (Resettlement). Weniger kritisch sieht Scholten die Umweltprüfung: die bisher durchgeführten Untersuchungen entsprächen "bei weitem" den von der Weltbank geforderten Umwelt-Prüfungen.

Die OeKB werde ihre Bedingungen nicht verwässern. Sollte allerdings die europäische Finanzierung ausfallen, seien die Chinesen nur zu bereit, einzuspringen. Und dann werde das Projekt ohne Bedingungen umgesetzt, so Scholten. Er baue darauf, dass die Türkei zeigen wolle, dass sie das Projekt "in respektabler Form" realisieren könne.
tsk/trö/itz