Tages Anzeiger, 21.10.2008 Ilisu-Staudamm : Geheimtreffen am Main Von Dani Glaus Die Türkei will am Tigris einen gigantischen Staudamm bauen – doch sie hält die internationalen Auflagen nicht ein. Deshalb drohen die Risikoversicherer aus der Schweiz, ihre Garantien für die Lieferanten zurückzuziehen. Ein Krisengipfel soll das Ilisu-Staudammprojekt in der Türkei retten: Nachdem die Exportrisikoversicherer aus der Schweiz, Österreich und Deutschland das 60-tägige Ausstiegsprozedere gestartet haben, treffen sie sich am Donnerstag hinter verschlossenen Türen in Frankfurt mit den türkischen Bauherren, den finanzierenden Banken und dem Lieferantenkonsortium aus den drei Ländern. Heribert Knittlmayer von der Schweizerischen Exportrisikoversicherung (Serv) bestätigte das Treffen. Ziel des Treffens ist offenbar ein Kompromiss. Denn die Türkei erfüllt die vertraglich vereinbarten Auflagen nicht – insbesondere bei der Umsiedlung von mehr als 50'000 Menschen. Die Türkei riskiert damit, dass die staatlichen Exportversicherer aussteigen; die Lieferanten stünden ohne Versicherung da. Dann würden wohl auch die Banken die Finanzierung des Kraftwerks stoppen. Nun soll die Türkei ein Jahr mehr Zeit erhalten, um den Auflagen nachzukommen, vermutet Ulrich Eichelmann von der Kampagne Stop Ilisu. «Kein fauler Kompromiss» Der Krisengipfel in Frankfurt findet an einem geheimen Ort statt – wohl, damit kritische Organisationen nicht demonstrieren können. «Es darf keinen faulen Kompromiss geben», sagt Christine Eberlein von der Erklärung von Bern. Der Bau dürfe erst beginnen, wenn alle Auflagen erfüllt seien. Dafür habe die Türkei aber schon zwei Jahre ungenutzt verstreichen lassen, so Eberlein. (NEWS) |