Sueddeutsche
Zeitung, 03.12.2008 Istanbul - Die alten Auflagen sind noch nicht erfüllt, da werden offenbar schon wieder neue gebrochen: Noch zehn Tage läuft das Ultimatum Deutschlands, Österreichs und der Schweiz an die Türkei. Bis zum 12. Dezember sollte Ankara beweisen, dass es das Ilisu-Staudamm-Projekt am Tigris sozial und ökologisch verträglich umsetzen kann. Berlin, Wien und Bern hatten der Türkei nach dem Bruch vieler Vorgaben Anfang Oktober einen "Blauen Brief" geschickt, in dem sie drohten, ansonsten aus der Finanzierung des Projektes auszusteigen. Grundlage für die Verhandlungen war die Übereinkunft, dass mit dem Bau des Dammes erst begonnen werden dürfe, wenn die Auflagen erfüllt sind. Am Dienstag tauchten aber Fotos auf, die zeigen, dass die Türkei längst im Fluss baut. Grünen-Chefin Claudia Roth sprach von einer Brüskierung und forderte "endgültig" den Ausstieg der Bundesregierung. Dem Vernehmen nach suchen die Vertragspartner hinter den Kulissen nach Wegen, der Türkei auch nach wiederholtem Vertragsbruch eine weitere Chance zu geben. Eine solche erneute Fristverlängerung wäre, so die kritische Organisation Weed, eine "Bankrotterklärung der Europäer". Ein Sprecher der Österreichischen Kontrollbank erklärte, die Fotos zeigten lediglich eine neue "Behelfsbrücke" für die Bevölkerung vor Ort. Das sei "Irreführung der Öffentlichkeit", widerspricht Ulrich Eichelmann von der Organisation Eca-Watch: "Natürlich ist diese Brücke für Baufahrzeuge und Bauarbeiter gedacht und Teil der Vorbereitungen für den Dammbau." ttt
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