junge Welt, 18.12.2008 Berlin fördert weiter Dammbau in Kurdistan Deutschland steigt nicht aus der Finanzierung aus. Frist wurde verlängert Von Nick Brauns Obwohl die Türkei weiterhin Auflagen für Menschenrechte und Umweltschutz mit Füßen tritt, wird Deutschlands vorerst nicht aus der Finanzierung des umstrittenen Ilisu-Staudamms im kurdischen Osten der Türkei aussteigen. Statt dessen solle Ankara ein erneuter Aufschub von 180 Tagen zur Umsetzung der Auflagen in den Bereichen Umsiedlungen, Umwelt- und Kulturschutz gewährt werden. Darauf hätten sich die Regierungen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz, die den Dammbau mit Exportrisikokrediten in Höhe von einer halben Milliarde Euro unterstützen, bereits am vergangenen Freitag in Wien geeinigt, meldete die österreichische Umweltschutzorganisation ECA Watch von der europäischen Kampagne gegen den Ilisu-Damm am Mittwoch. Noch vor Weihnachten soll die Fristverlängerung von den beteiligten Regierungen öffentlich verkündet werden. Offiziell endete am vergangenen Wochenende ein 60tägiges Ultimatum, das die staatlichen Exportrisikoversicherer der Türkei zur Erfüllung der rund 150 Auflagen gesetzt hatten. Eine Auswertung habe ergeben, daß die Auflagen weiterhin nicht erfüllt wurden, meldete die türkische Zeitung Hürriyet am Mittwoch. Staudammgegner hatten zudem aktuelle Fotos präsentiert, die beweisen, daß die Bauarbeiten am Tigris entgegen der Abmachungen bereits begonnen haben. Durch den Ilisu-Staudamm am Oberlauf des Tigris würden 199 Dörfer und die 10000 Jahre alte Kleinstadt Hasankeyf mit ihren historischen Monumenten überflutet und 65000 Menschen vertrieben. Die türkische Regierung zeigte sich nach Ablauf des Ultimatums zuversichtlich, daß der Damm gebaut würde. Auf einer Pressekonferenz in Ankara beschimpfte der türkische Umweltminister Vesyel Egolu am Dienstag die Gegner des Dammes pauschal als »Terroristen«» und »Separatisten« – ein Synonym für Anhänger der kurdischen PKK. Mitglieder der örtlichen »Kampagne zur Rettung von Hasankeyf« waren von der Polizei in letzter Zeit an Fahrten zum Dorf Ilisu gehindert und die prominente Staudammgegnerin Ipek Tasli war gar in Haft genommen worden. Rund um die Baustelle beim Dorf Ilisu wurden die Anwohner enteignet und Militärstützpunkte errichtet.
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