Frankfurter Rundschau, 18.03.2009

Ressource Wasser

Für ein Menschenrecht auf Wasser

VON STEPHAN BÖRNECKE

Wasser Marsch: Ausgerechnet mit Wasserwerfern spülte die türkische Polizei die Demonstranten von der Straße, als die beim 5.Weltwasserforum in Istanbul gegen den Ausverkauf der Quellen an Geschäftemacher protestierten und stattdessen ein Menschenrecht auf Wasser einklagten. "Wasser darf nicht verkauft werden", lautet ihr Slogan.

Der feuchte Umgang mit den Protesten verwundert, denn dieses Forum, an dem 20 000 Experten teilnehmen, will "Brücken schlagen für das Wasser". Dieses Ziel schlug gleich zu Beginn der Konferenz fehl: Denn der Gastgeber Türkei drängte die Unesco, eine Präsentation über die Auswirkungen des Ilisu-Staudamms auf unwiederbringliche Kulturgüter im Tigristal von der Tagesordnung zu streichen. Doch damit, meint Andreas Kuck, Wasserexperte der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit GTZ, "tut sich die Türkei keinen Gefallen".

Kuck bedauert, dass die Gastgeber nicht in aller Offenheit die Probleme mit dem Bau des Stausees ansprechen, der die Zwangsumsiedlung von 55 000 Menschen und die Überspülung bedeutender Kulturgütern aus 9000 Jahren zur Folge hat. Die Diskussion über das äußerst umstrittene Bauwerk im Tal des Tigris, das den Fluss 65 Kilometer vor der syrischen Grenze in einem kurdischen Gebiet auf einer Länge von 135 Kilometern stauen soll, konnte die Türkei damit nicht verhindern: "Nun ist es Gespräch auf den Gängen und an den Ständen der Organisationen der Konferenz", berichtet Kuck der FR. Auch die Idee, die Nutzungsrechte an Quellen, Flüssen und Seen für 49 Jahre an Konzerne zu verpachten, stößt auf heftigen Widerstand.

Dabei glaubt GTZ-Fachmann Kuck, dass im Unterschied zum letzten Weltwasserforum vor drei Jahren in Mexiko in Istanbul "sehr praxisnah" gearbeitet und diskutiert werde. Industrie- und Entwicklungsländer hätten ihr Bewusstsein zur Lösung der weltweiten Wasserkrise geschärft. Das sei auf früheren Foren so nicht der Fall gewesen, als sich die Teilnehmer eher auf das Formulieren letztlich folgenloser Analysen beschränkten. Nun aber sorge der Klimawandel mit seinen extremen Auswirkungen auf die Wasserversorgung für eine konsequentere Herangehensweise.

Dass sich bei der Versorgung mit sauberem Wasser einiges getan hat, zeigten Beispiele in Kenia und Sambia: In Kenia gelang es, wie in Südafrika das Menschenrecht auf Wasser in ein Gesetz zu gießen. In Kenia ist garantiert, dass die Wasserversorgung Aufgabe des Staates ist. In Sambia wiederum wurden im Umfeld der Städte für je 300 bis 400 Haushalte Wasserkioske eröffnet, in denen sauberes Wasser zu erschwinglichen Preisen verkauft wird. Eine halbe Million Menschen sind jetzt nicht mehr auf fliegende Händler angewiesen, die Flüssigkeiten unbekannter Herkunft zu hohen Preisen verhökerten, erzählt Kuck.

Eines der weiteren Themen der Konferenz ist das grenzübergreifende Wassermanagement. Kuck verweist auf Rhein und Donau. Die dort gelungene länderübergreifende Zusammenarbeit zu Wasserquantität und -qualität, zu Hochwasserschutz und Schiffbarkeit sei ein positives Beispiel, das nun am Kongo und am Sambesi eine Nachahmung finden könne.

Wasserregime
40 Prozent der Menschen leben an 260 grenzüberschreitenden Flüssen und Seen - Wasser macht vor Grenzen nicht halt. In 145 Staaten gibt es Regionen, die in internationalen Flussgebieten liegen. Kooperationen auf internationaler wie regionaler Ebene sollen Konflikten ums Wasser vorbeugen. In mehr als 30 Ländern besteht bereits heute akute Wasserknappheit. Das Problem wird durch den Klimawandel erheblich verschärft.