Neues Deutschland, 03.01.2015

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DHKP-C bekennt sich

Türkische Guerilla rechtfertigt Attentatsversuch

Die verbotene linksextreme Untergrundorganisation DHKP-C will den versuchten Anschlag auf den Dolmabahce-Palast in Istanbul geplant haben.

Istanbul. Eine radikale türkische Untergrundgruppe hat sich zu dem versuchten Anschlag auf den ehemaligen Sultanspalast Dolmabahçe in Istanbul bekannt. Die verbotene Revolutionäre Volksbefreiungs-Parteifront (DHKP-C) teilte am Freitag mit, eines ihrer Mitglieder habe den Angriff am Donnerstagnachmittag verübt. Die »bewaffnete Aktion wurde von einem unserer Kämpfer ausgeführt«, hieß es in der Mitteilung.

Nach Angaben des türkischen Fernsehens wurde der unmittelbar nach dem Anschlag festgenommene Mann am Freitagmorgen von der Polizei verhört. Er hatte zwei Granaten auf Polizisten geworfen, die vor dem historischen Gebäude Wache hielten. Die Granaten explodierten jedoch nicht, es wurde niemand verletzt. Die Zeitung »Hürriyet« berichtete, der Angreifer habe nach seiner Festnahme Parolen zur Unterstützung der DHKP-C ausgerufen.

Die Gruppierung erklärte, die Tat sei die Vergeltung für den Tod des Demonstranten Berkin Elvan. Der junge Mann war bei den Protesten gegen die türkische Regierung im Mai und Juni 2013 in Istanbul bei einem Polizeieinsatz schwer verletzt worden. Er lag monatelang im Koma, bis er im März 2014 starb. Die DHKP-C wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft. In den vergangenen Jahren hat die Gruppe mehrere Anschläge in der Türkei und im Ausland verübt.

Vor einem Gericht in der türkischen Hauptstadt Ankara hat am Freitag der Prozess gegen 13 ehemalige Polizeibeamte begonnen, denen eine Bespitzelung von Recep Tayyip Erdogan in dessen Zeit als Ministerpräsident vorgeworfen wird. Wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete, hält es die Anklage für erwiesen, dass die Beschuldigten im Jahr 2011 Abhörgeräte in Steckdosen in den Amtsräumen Erdogans installierten. Die Staatsanwaltschaft fordert bis zu 36 Jahre und sechs Monate Haft für die Angeklagten, von denen fünf flüchtig sind.

Die angebliche Abhöraktion steht im Zusammenhang mit dem Korruptionsskandal um Erdogans Regierung im vergangenen Jahr. Damals tauchten im Internet mutmaßliche Mitschnitte abgehörter Telefonate von Erdogan und anderen Regierungsmitgliedern auf. In einem Gespräch soll Erdogan seinen Sohn Bilal angewiesen haben, angesichts der Korruptionsermittlungen der Staatsanwaltschaft Geld verschwinden zu lassen. Erdogan hat die Mitschnitte als Manipulation zurückgewiesen. AFP/nd