spiegel.de, 12.01.2015

http://www.spiegel.de/politik/ausland/charlie-hebdo-komplizin-hayat-boumeddiene-ist-nach-syrien-gefluechtet-a-1012489.html

Mutmaßliche Terrorkomplizin von Paris: Türkischer Außenminister bestätigt Flucht nach Syrien

Wo versteckt sich Hayat Boumeddiene, Gefährtin des Supermarkt-Attentäters von Paris? Vermutlich in Syrien: Laut türkischer Regierung reiste sie über Istanbul in das Bürgerkriegsland.

Ankara - Ganz Frankreich sucht nach der Gefährtin des Attentäters und Geiselnehmers Amedy Coulibaly. Doch Hayat Boumeddiene ist verschwunden, sie wird in Syrien vermutet.

Nun könnte sich zumindest der Ablauf ihrer Flucht ein wenig aufklären. Wie der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Montag mitteilte, soll die Frau über sein Land nach Syrien ausgereist sein. Demnach erreichte sie Istanbul am 2. Januar aus Madrid kommend. In der türkischen Metropole wohnte sie offenbar in einem Hotel. Sechs Tage später, einen Tag vor der tödlichen Geiselnahme ihres Partners, reiste sie weiter nach Syrien.

Noch ist nicht klar, welche Rolle sie bei den tödlichen Anschlägen in und um Paris gespielt hat. Coulibaly bekannte sich in einem am Sonntag veröffentlichten Video als Kämpfer der Miliz "Islamischer Staat" und gab an, die Attentate in Paris koordiniert zu haben.

Bei dem Anschlag auf das Satireblatt "Charlie Hebdo" starben am vergangenen Mittwoch zwölf Menschen. Coulibaly selbst hatte am 9. Januar in einem jüdischen Supermarkt vier Menschen erschossen. Bereits einen Tag zuvor, also dem Datum der Flucht von Boumeddiene nach Syrien, wurde in Paris eine Polizistin erschossen. Auch diese Tat wird Coulibaly zugeschrieben.

Nach dem Tod der drei Geiselnehmer ist die Frau die einzige Überlebende aus dem bisher bekannten Tatverdächtigenkreis. (Ein Porträt der Verdächtigen lesen Sie hier.) Die Hoffnung, durch sie etwas über die Hintermänner zu erfahren, ist entsprechend groß. Von den französischen Behörden wurde Boumeddiene daher zur Fahndung ausgeschrieben. Sie könne "bewaffnet und gefährlich" sein, heißt es.

Es gibt bereits einige Indizien, die die junge Frau schwer belasten:

Am vergangenen Freitag berichtete der französische Oberstaatsanwalt François Molins, Boumeddiene habe innerhalb eines Jahres 500 Telefongespräche mit der Ehefrau des Terroristen Chérif Kouachi geführt. Ihre Gesprächspartnerin Izzana Hamyd ist seit Mittwoch in Polizeigewahrsam und wird befragt. Über den Inhalt der Telefonate ist bisher nichts bekannt, auch nicht, ob sie abgehört wurden.
Das Auto, mit dem Amedy Coulibaly an den Ort der Geiselnahme an der Porte de Vincennes im Osten von Paris fuhr, ist auf Boumeddienes Namen registriert.
Seit mehreren Jahren ist die junge Frau bei der Polizei aktenkundig. Im Jahr 2010 wurde sie im Zusammenhang mit dem Fluchtversuch eines Hauptverantwortlichen der Pariser Metro-Attentate aus dem Jahr 1995, Aït Ali Belkacem, von der Polizei befragt. Schon damals zeigte sie großes Verständnis für islamistische Attentate. Dem Nachrichtenportal "20minutes" zufolge verwies sie ungerührt auf all "die Unschuldigen, die von den Amerikanern getötet werden".