Berliner Zeitung, 12.01.2015

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Türkei dringt auf EU-Beitritt

Von Katja Tichomirowa

Der türkische Premierminister fordert deutsche Unterstützung. Doch beim gemeinsamen Auftritt mit Premierminister Davutoglu bestätigte die Bundeskanzlerin ihre zurückhaltende Position. Im Kampf gegen den Terror ist die Zusammenarbeit jedoch willkommen.

„Europa könnte einen unschätzbar wertvollen Partner bei seinem Versuch haben, Frieden und Stabilität in einen fragmentierten und gefährlichen Mittleren Osten zu bringen, die Türkei.“ Das erklärte Ahmet Davutoglu vor einigen Jahren. „Könnte sich die EU doch nur dazu entschließen, Vorteil aus dem zu schlagen, was Ankara zu bieten hat“, warb der damalige außenpolitische Berater des damaligen türkischen Premiers Recep Tayyip Erdogan und lobte die moderne Außenpolitik der Türkei, ihren unerschütterlichen Einsatz für eine EU-Integration und ihre einzigartige Position, die geeignet sei, „Beziehungen zu allen relevanten Mächten im Mittleren Osten wie auch im Westen zu unterhalten“.

Sieben Jahre sind seither vergangen. Der frühere Berater Erdogans ist inzwischen nicht nur selbst Premier. Er folgte dem jetzigen türkischen Präsidenten Erdogan auch auf dem Posten des Vorsitzenden der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) nach. Am Montag besuchte Davutoglu in dieser Funktion zum ersten Mal die Bundesrepublik. Bei diesem Anlass beklagte er die Versäumnisse der vergangenen Jahre. „Hätte man der Türkei keine Hürden aufgestellt und wäre sie 2004 nach dem Zypern-Referendum in die EU integriert worden, gäbe es die kulturellen Spannungen in diesem Ausmaß nicht“, hatte Davutoglu nach seiner Teilnahme an dem Republikanischen Marsch in Paris am Sonntag erklärt. Leider sei es in Europa dazu gekommen, dass mit diesen Gegensätzen Politik gemacht werde. „Da liegt die Wurzel des Problems.“

Kritik an stockenden Reformen

Während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Montag warb Davutoglu nun noch einmal eindringlich dafür, dass die Türkei „eines Tages“ auch der EU beitreten könne. „Das wird auch eine sehr gute Antwort für die sein, die Europa spalten wollen“, sagte der türkische Premier. Seit 1999 ist die Türkei Beitrittskandidat zur Europäischen Union. Die Verhandlungen gehen allerdings nur äußerst schleppend voran. Nicht zuletzt die Kanzlerin steht einer EU-Mitgliedschaft der Türkei skeptisch gegenüber. Merkel sagte, ihre Meinung habe sich nicht geändert. Trotz der „Skepsis über die Vollmitgliedschaft“ sei sie aber dafür, dass die Verhandlungen weitergehen. Allerdings gebe es, zum Beispiel in der Zypern-Frage, noch viele Schwierigkeiten.

Der CDU-Politiker und ehemalige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, wies die Äußerungen Davutoglus zurück. Die Stagnation im Verhandlungsprozess zwischen der EU und der Türkei beruhe auch darauf, „dass die Reformanstrengung in Ankara seit einigen Jahren nahezu zum Erliegen gekommen ist“, sagte Polenz dem „Tagesspiegel“. Davutoglu wiederum wies nach seinem Gespräch mit Merkel Vorwürfe zurück, sein Land unternehme zu wenig im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. „Man sollte die Türkei nicht in ungerechtfertigter Weise beschuldigen. Das werden wir nicht akzeptieren“, sagte Davutoglu. Die Regierung habe rund 2000 potenzielle IS-Kämpfer, die aus europäischen Ländern nach Syrien reisen wollten, wieder in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Angesichts von 35 Millionen Touristen könne die Türkei aber nicht alle Reisenden als potenzielle Terroristen ansehen. Deutsche und türkische Behörden arbeiteten eng zusammen. Sein Land sei weiterhin zu jeder nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit bereit.

Merkel bezeichnete die Türkei im Kampf gegen den Terrorismus als „Verbündeten“. „Wir handeln gemeinsam. Wir haben manchmal unterschiedliche Nuancen in Auffassungen. Aber das bringt uns nicht davon ab, dass wir Seite an Seite gegen den Terrorismus stehen.“