spiegel.de, 20.01.2015 http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-und-irak-teure-kriegseinsaetze-fuer-iran-a-1011460.html Einsätze in Syrien und im Irak: Irans teure Kriege Von Raniah Salloum Iran steht in Syrien und im Irak an vorderster Front. Die Kriegseinsätze kosten Milliarden Dollar - und wichtige Generäle das Leben. Doch aufgeben will Teheran auf keinen Fall, zu viel steht auf dem Spiel. Berlin - Die Amerikaner nennen es "Mission Creep", wenn sich ein überschaubarer Auslandseinsatz schleichend ausweitet. Bei dem Begriff schwingt eine Warnung mit: Es ist eine Mission, in die man leicht hineingerät - und kaum wieder heraus. In einen solchen Einsatz hat sich Iran manövriert und das gleich in zwei Ländern. Kein anderes Land ist tiefer in die Bürgerkriege in Syrien und im Irak verstrickt. Ein Überblick: Irans Kampfjets haben
Angriffe auf IS-Stellungen im Irak geflogen. Die Kriegseinsätze kommen Iran teuer zu stehen: Mindestens fünf Generäle der iranischen Revolutionsgarden sind im Irak und in Syrien bereits umgekommen. Sie wurden meist von regierungsfeindlichen syrischen und irakischen Milizen getötet. Zuletzt starb zudem ein iranischer General in Syrien nach Beschuss durch Israels Luftwaffe. Wie viele iranische Milizionäre und Militärs niedrigeren Ranges ums Leben gekommen sind, ist nicht bekannt. Allein im Irak sind nach offiziellen Angaben Teherans mindestens 120 iranische Militärs im Einsatz. Die Milliarden, die Iran für diese Kriege ausgibt, fehlen im heimischen Budget. Eigentlich muss die Regierung sparen: Die Sanktionen im Streit ums iranische Atomprogramm sind zum Großteil noch wirksam. Zudem leidet Iran unter dem niedrigen Ölpreis. Manche Iraner fragen schon, warum sie für Syrien zahlen sollten, wenn ihnen selbst das Geld fehlt. Dennoch wird Iran den kostspieligen Einsatz fortführen, davon sind viele Experten überzeugt. "Mittlerweile hat Iran kaum eine andere Wahl, als sein Engagement fortzusetzen, vor allem im Irak", sagt Mohamad Bazzi, ein Journalist, der bis vor Kurzem beim außenpolitischen Think Tank "Council on Foreign Relations" über die Rivalität zwischen Iran und Saudi-Arabien forschte. "Die Konflikte in Syrien und Irak haben für Iran die höchste außenpolitische Priorität." Von den beiden Ländern sei Irak, mit dem Iran eine knapp 1500 Kilometer lange Grenze teilt, für Teheran am wichtigsten, erklärt Bazzi. Dort würden Irans Sicherheitsinteressen durch den Aufstieg der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) unmittelbar bedroht. "Teheran wird alles tun, um eine Iran-freundliche schiitisch-geführte Regierung in Bagdad an der Macht zu halten", sagt Bazzi. So wolle Iran sichergehen, dass von Irak nie wieder eine existenzielle Gefahr ausgehe wie in den Achtzigerjahren, als Iraks sunnitischer Diktator Saddam Hussein im Iran einmarschierte und einen achtjährigen Krieg auslöste. Zudem ginge es für Iran auch darum, seine Position als Regionalmacht zu verteidigen und auszuweiten, glaubt Bazzi: "Irak gibt Iran strategische Tiefe und einen Puffer gegen Saudi-Arabien und andere sunnitische arabische Staaten, mit denen Iran um die Vorherrschaft in der Golfregion konkurriert." In Syrien stünden zwar keine unmittelbaren iranischen Sicherheitsinteressen auf dem Spiel - das Land teilt keine Grenze mit Iran, der Irak liegt zwischen beiden Ländern. Doch auch dort ginge es um Irans Einfluss in der Region. "Iran wird eher Steuern anheben, als Einsätze zurückzufahren" Mehrzad Boroujerdi, Iran-Experte an der amerikanischen Universität in Syracuse, sieht das ähnlich. "Syrien und Irak sind die beiden wichtigsten Verbündeten Irans in der Region. Iran kann es sich nicht leisten, sie zu verlieren", sagt er. "Sie geben Iran strategische Tiefe." Die meisten anderen arabischen Länder stünden Teheran inzwischen kritisch gegenüber. Es sind Irans Sicherheitsexperten, nicht die Regierung, die über die Linie im Irak und in Syrien entscheiden, erklärt Boroujerdi. Der Oberste Revolutionsführer Ajatollah Ali Khamenei bestimme die Einsätze zusammen mit dem Nationalen Sicherheitsrat, in dem neben Vertretern der Regierung und des Ajatollahs vor allem auch Revolutionsgardisten sitzen. "Sicherlich wird
es für die Iraner immer schwieriger, so viel Geld nach Syrien zu pumpen",
sagt Boroujerdi: "Aber Teheran wird eher Steuern weiter anheben oder
Subventionen streichen als den Einsatz in Irak zurückzufahren oder Syrien
aufzugeben."
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