kurier.at, 1.2.2015 Kurz im Irak: "Haben eine Verantwortung zur Solidarität" Sebastian Kurz besuchte Bagdad und Flüchtlingslager in der Kurden-Hauptstadt Erbil. Bisher war Sebastian Kurz nur
mit Linienflügen unterwegs. Auf dieses Understatement musste der Außenminister
zum ersten Mal verzichten. Die Destination verlangte höchste Sicherheitsvorkehrungen.
Sonntag um vier Uhr Früh startete Kurz seine erste Irak-Visite. Mit einem
Linienflug war eine sichere Anreise nach Bagdad nicht möglich. Erst letzten
Mittwoch kam ein Linienflug aus Dubai unter Beschuss. Beim Anflug auf
Bagdad sieht man immer wieder meterhohe Rauchwolken. Der IS-Terror fordert
fast täglich Opfer: Bei einem Doppelanschlag auf einen Markt in Bagdad
wurden am Freitag 44 Menschen getötet. In Kirkuk zündete die IS-Miliz
mehrere Autobomben, außerdem sprengten sich Selbstmordattentäter in die
Luft. Alleine vergangenen Jänner starben bei Kämpfen im Irak 1000 Menschen. Für 31 Stunden reiste der Außenminister in den Irak. Die Visite war auch mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini (sie war Ende Dezember im Irak) abgestimmt. Kurz wird beim nächsten EU-Außenministertreffen über seine Eindrücke berichten. Mit an Bord bei den diplomatischen Gesprächen mit der irakischen Regierungsspitze war Elmar Brok, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im EU-Parlament. "Wir wollen den Menschen im Irak zeigen, dass die Dschihadisten nicht gewinnen können", so Brok, der zu den wichtigsten Beratern von Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel zählt. Nach der Ankunft Sonntagmittag in Bagdad ging es gleich in Richtung Präsidentenpalast. Am Programm stand ein Treffen mit Iraks Präsident Fuad Masum, ein Kurde, der 2014 ins Amt gewählt wurde. Am Weg zum Präsidentenpalast sind Dutzende Checkpoints mit schwer bewaffneten Militärs zu passieren. Kurz will mit dieser Reise in den Irak ein klares Signal senden: "Wir haben eine Verantwortung zur Solidarität. Als neutrales Land kann man sich nicht leisten, keine Meinung zum IS-Terror zu haben. Seit Paris wissen wir, dass IS-Terror nicht nur ein Problem von Syrien und dem Irak ist", so Kurz. Auch daher, so Kurz, habe man sich der Allianz gegen den IS angeschlossen. Zwei Millionen Iraker mussten 2014 ihr Zuhause verlassen. Davon sind eine Million in die autonome Region Kurdistan geflohen. Insgesamt gibt es zehn Millionen Flüchtlinge im Land. Die EU-Mitgliedsstaaten waren 2014 mit 163 Millionen Euro die größten Spender für humanitäre Projekte. "Österreichs Regierung
beschloss letzte Woche weitere 1,2 Millionen Euro", verkündete Kurz.
Der Außenminister stellte auch in Aussicht, die Eröffnung einer österreichischen
Botschaft in Bagdad prüfen zu lassen.Bei seinem Gespräch mit Präsident
Masum ging es dann aber vor allem um eine Polizeimission der EU zur Stärkung
der irakischen Sicherheitskräfte. "Die EU ist dazu bereit, die irakische
Polizei auszubilden, um mehr Sicherheit ins Land zu bringen. Präsident
Masum hat großes Interesse daran", so Kurz. Noch am Sonntag flog Kurz weiter
nach Erbil, Hauptstadt der autonomen Region Kurdistan. Hier steht am Montag
ein Gespräch mit Kurden-Präsident Masoud Barzani auf dem Programm. Mögliche
Formen einer Polizeimission der EU im Nordirak will Kurz mit ihm besprechen,
sowie die mögliche Eröffnung eines EU-Büros in der Stadt. Geplant ist
auch ein Besuch im Flüchtlingscamp Baharka. Vor seiner Abreise will Kurz
den chaldäisch-katholischem Bischof Bashar Warda sowie einen Vertreter
der Jesiden treffen.
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