Spiegel
Online , 2.2.2015
Regierungspläne: Türkei will Demonstrationsstrafrecht verschärfen
Vermummungsverbot und Festnahmen ohne Tatverdacht: Die türkische Regierung
will die Vollmachten der Sicherheitskräfte ausbauen. Kritiker sehen darin
die Legalisierung von Polizeigewalt.
Ankara - Die türkische Regierung will das Demonstrationsstrafrecht verschärfen
und die Vollmachten für die Polizei erweitern. Das Gesetzespaket soll
im Laufe der Woche im Parlament von Ankara beraten werden, wie die türkische
Presse am Montag meldete. Der Entwurf sieht unter anderem ein Vermummungsverbot
vor. Danach drohen selbst bei einer teilweisen Bedeckung des Gesichts
mit einem Schal Haftstrafen von bis zu fünf Jahren, wenn eine Kundgebung
von den Behörden als Unterstützungsveranstaltung für eine Terrororganisation
eingestuft wird.
Bei den regierungsfeindlichen Gezi-Protesten im Jahr 2013 war die Polizei
teils brutal gegen Demonstranten vorgegangen. Nun wolle die Regierung
den Sicherheitskräften weitere Rechte einräumen, sagte der Abgeordnete
Ertugrul Kürkcü von der Kurdenpartei HDP. Polizeigewalt solle legalisiert
werden.
Auch die Partei CHP - die stärkste Oppositionsgruppe im Parlament - kritisierte,
dass die Polizei laut dem Gesetzentwurf künftig ohne konkreten Tatverdacht
auch unbescholtene Demonstrationsteilnehmer festnehmen könne. Zudem sehe
der Entwurf für das Mitführen einer Steinschleuder eine Strafe von mehr
als zwei Jahren Haft vor, während das Tragen einer Pistole mit nur einem
Jahr Haft oder einer Geldstrafe geahndet werden solle.
Die CHP erklärte, der Regierungsentwurf enthalte mehrere Verfassungsverstöße.
Die Regierung behauptet hingegen, das Vorhaben sei ausgewogen. So enthalte
der Entwurf auch neue Vorschriften zur Kontrolle von Polizeiaktionen,
um Willkür durch die Sicherheitskräfte zu verhindern.
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