Neue Zürcher Zeitung, 10.02.2015

http://www.nzz.ch/international/naher-osten-und-nordafrika/asad-beharrt-auf-seinem-kurs-1.18480356

Interview mit Syriens Diktator

Asad beharrt auf seinem Kurs

Jürg Bischoff, Beirut

Der syrische Machthaber will nicht mit der Anti-IS-Koalition zusammenarbeiten. Er wartet darauf, dass der Westen seine Haltung zu Syrien revidiert.

In einem Interview mit der BBC hat der syrische Präsident Bashar al-Asad ein offenes Geheimnis bestätigt: Damaskus erhalte über den Irak und andere Länder Informationen aus der Koalition zur Bekämpfung des Islamischen Staats (IS), die von den Amerikanern angeführt wird. Einen Dialog oder eine Zusammenarbeit mit den Amerikanern stellte Asad jedoch in Abrede. Deren Intervention, so Asad, sei bisher wenig wirkungsvoll gewesen. Kritik am Einsatz von Gewalt der syrischen Armee gegen zivile Gebiete tat der syrische Machthaber als Propaganda ab.

Keine Allianz mit den Saudi

Auf die Frage des BBC-Journalisten, ob Syrien Teil der Anti-IS-Koalition werden wolle, antwortete Asad mit einem klaren Nein. «Wir können nicht Teil einer Allianz mit Ländern sein, die den Terrorismus unterstützen», sagte er in Bezug auf Saudiarabien. Die Wahhabiten, die von der königlichen Familie unterstützt würden, seien die Quelle der IS-Ideologie, erklärte Asad, und es reiche nicht, wenn Saudiarabien heute sage, es sei gegen die Jihadisten.

Wenn der Interviewer gehofft hatte, aus dem syrischen Machthaber Interesse an einer Annäherung an den Westen herauszulocken, wurde er enttäuscht. Asad wollte nicht anerkennen, dass seine Politik zur verfahrenen Situation in Syrien beigetragen habe: «Wir haben den Konflikt nicht angefangen. Die anderen haben ihn begonnen, sie haben die Terroristen unterstützt . . .» Asad merkte an, dass Syrien nicht gegen Zusammenarbeit sei. Doch scheint er darauf zu warten, dass die westlichen Staaten zugeben, dass ihre bisherige Syrien-Politik verfehlt gewesen sei. Dies deckt sich mit Berichten aus diplomatischen Kreisen, laut denen Damaskus Avancen aus dem Westen zu einer nachrichtendienstlichen Kooperation bei der Terrorismusbekämpfung bisher zurückgewiesen hat. Zuerst sollen diese Länder ihre Botschaften in Damaskus wieder öffnen, hiess die syrische Antwort.

Fragen zu den berüchtigten Fassbomben, mit Sprengstoff gefüllten Ölfässern, die aus Helikoptern abgeworfen werden, liess Asad nicht gelten. Die Armee verwende Bomben, Raketen und Kanonen, keine Fässer oder Dampfkochtöpfe. Vorwürfe über Gewalt gegen die eigenen Bürger seien unlogisch, meinte der Präsident, denn wenn sie zuträfen, hätte das Regime die Unterstützung der Bevölkerung verloren. Es sei ja bezeichnend, dass Zivilisten aus den Rebellengebieten auf die Seite des Regimes flüchteten und nicht umgekehrt, so der syrische Präsident.

Zweifel im Westen

Aus seinen Äusserungen wird offensichtlich, dass Asad keinen Anlass sieht, seine Haltung zu ändern. Je stärker im Westen die Zweifel an der eigenen Syrien-Politik werden, umso mehr sieht sich Damaskus auf dem richtigen Weg. Mit dem Kampf gegen die Jihadisten sind die Amerikaner faktisch bereits auf die Seite des Regimes umgeschwenkt. Asad wartet nun darauf, dass sie dies auch öffentlich sagen.