Süddeutsche Zeitung, 18.02.2015 Streit über Demonstrationsrecht Schlägerei im türkischen Parlament endet mit fünf Verletzten Im türkischen Parlament
in Ankara sind Abgeordnete der Regierungspartei AKP und der Oppositionspartei
CHP aneinandergeraten. Fünf Personen wurden verletzt, zwei mussten im
Krankenhaus behandelt werden. Der von der AKP eingereichte Entwurf sieht vor, dass die Polizei mehr Rechte bekommt. Neben den Oppositionsparteien hatten auch zivilgesellschaftliche Gruppen und Menschenrechtler das Gesetz scharf kritisiert. Fünf Abgeordnete nach Schlägerei im Parlament verletzt Bei einem Streit über ein umstrittenes Gesetzespaket zur Erweiterung der Polizeibefugnisse sind im türkischen Parlament fünf Abgeordnete verletzt worden. Mitglieder der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP und der größten Oppositionspartei CHP waren am späten Dienstagabend aneinandergeraten, wie die türkische Nachrichtenagentur DHA meldet. Zwei Abgeordnete mussten zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden. Wie die Zeitung Hürriyet berichtet, hätten die Abgeordneten sich unter anderem mit Stühlen attackiert und Wassergläser geworfen. Die Schlägerei war entbrannt, nachdem das Gesetzespaket in einer geschlossenen Sitzung beraten worden war. Umstrittene Gesetzesänderung Der Gesetzesentwurf, den die AKP eingebracht hat, umfasst 132 Artikel, die das Demonstrationsstrafrecht verschärfen und die Befugnisse der Polizei stark ausweiten. So sieht der Entwurf mehr Rechte der Polizei bei Durchsuchungen und Festnahmen vor. Demonstranten soll die Polizei
bis zu 48 Stunden festhalten dürfen, ohne sie einem Haftrichter vorzuführen.
Außerdem soll ein Vermummungsverbot gelten: Wer sein Gesicht auch nur
teilweise bedeckt - etwa mit einem Schal - kann mit bis zu fünf Jahren
Haft bestraft werden, wenn eine Kundgebung von den Behörden als Unterstützungsveranstaltung
für eine Terrororganisation eingestuft wird. Die von der Regierung eingesetzten
Gouverneure in den Provinzen sollen eigenmächtig den Ausnahmezustand ausrufen
dürfen. Die AKP hält eine absolute Mehrheit der Sitze im Parlament und kann Gesetze auch gegen den Widerstand der Opposition verabschieden, doch die Front der Gegner ist ungewöhnlich breit und macht lautstark mobil. Aus Sicht der Gegner - darunter die Oppositionsparteien, zivilgesellschaftliche Gruppen wie die Anwaltskammer, Kurdenvertreter, Menschenrechtsorganisationen - will die Regierung mit dem Gesetz im Namen der Sicherheit ihre Kritiker mundtot machen. Die türkische Anwaltskammer hatte am Montag in mehreren Städten zum Protest aufgerufen. In Ankara schlossen sich 3000 Juristen dem Zug an, der vom Gericht in Richtung Parlament marschierte. Viele von ihnen trugen schwarze Roben und hielten Transparente hoch, auf denen Sätze wie "Das ist Kriegsrecht, kein Polizeigesetz" standen. Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Regierungschef Ahmet Davutoğlu haben intensiv für das Gesetzespaket geworben. In der AKP hält man die Kritik an dem Entwurf für überzogen. Schließlich, sagte der stellvertretende AKP-Fraktionschef Mahir Ünal, seien etliche Änderungswünsche der Opposition berücksichtigt worden, als über das Gesetz in dem zuständigen Ausschuss diskutiert wurde. "Wir haben versucht, Freiheit und öffentliche Ordnung gleichermaßen zu schützen", sagt er. Tatsächlich enthält der Entwurf auch einige Artikel, die eine zivile Kontrolle von Polizeiaktionen erleichtern sollen. URL: http://www.sueddeutsche.de/politik/streit-ueber-demonstrationsrecht-schlaegerei-im-tuerkischen-parlament-endet-mit-fuenf-verletzten-1.2356478
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