junge Welt, 20.02.2015

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Druck gegen PKK-Verbot

Linke bringt Antrag in den Bundestag ein. Spiegel-TV: Peschmerga kooperieren mit PKK-Guerilla

Von Nick Brauns

Unter dem Motto »PKK-Verbot aufheben! Kobani und Rojava verteidigen!« rufen die Linkspartei, der Dachverband kurdischer Vereinigungen Nav Dem sowie weitere sozialistische Organisationen für Sonnabend zu Demonstrationen in Berlin, Köln und Bremen auf. »Mit solchen außerparlamentarischen Aktionen soll im Vorfeld einer Bundestagsdebatte über das PKK-Verbot für einen längst überfälligen Richtungswechsel in der bundesdeutschen Kurdenpolitik geworben werden«, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke. Denn am kommenden Donnerstag wird im Bundestag ein Antrag der Linken debattiert, der sich für die Aufhebung des Betätigungsverbots für die Arbeiterpartei Kurdistans sowie deren Streichung von der EU-Terrorliste einsetzt.
Das 1993 vom Bundesinnenministerium verhängte PKK-Verbot sei ein Anachronismus, heißt es in dem Antrag der Linken. Die politischen Veränderungen in der Türkei und der Nahostregion sowie die Entwicklung der kurdischen Befreiungsbewegung erforderten eine Neubewertung der PKK. »Angesichts laufender Friedensverhandlungen mit dem türkischen Staat und der herausragenden Rolle der PKK und ihr nahestehender Milizen bei der Bekämpfung des terroristischen IS im Irak und in Syrien« sei die Einstufung der PKK als terroristische Organisation »unzeitgemäß und realpolitisch kontraproduktiv.«
Waffenlieferungen der Bundeswehr an die Peschmerga-Kämpfer der kurdischen Regionalregierung im Nordirak sind wohl auch in die Hände der PKK-Guerilla gelangt. Das zeigte die Sendung Spiegel-TV am vergangenen Wochenende. Ein PKK-Kommandeur in der kürzlich vom IS befreiten, von Jesiden bewohnten Stadt Sengal im Nordirak sagte gegenüber dem Sender, sie hätten von den Peschmerga deutsche Milan-Panzerabwehrraketen und Splitterhandgranaten erhalten. In der vor wenigen Tagen gesendeten Arte-Dokumentation »Eingekesselt – der einsame Kampf der Peschmerga« war zu sehen, wie PKK-Kämpfer mit solchen Milan-Panzerabwehrraketen IS-Stellungen in Sengal angriffen. Während im Nordirak Peschmerga und PKK-Kämpfer trotz ideologischer Differenzen Seite an Seite gegen den IS kämpfen, wird in der Bundesrepublik weiterhin nach »guten« und »bösen« Kurden unterschieden. So wurde vor einer Woche in Villingen-Schwenningen ein seit 20 Jahren in Deutschland lebender 47jähriger Kurde wegen Mitgliedschaft in einer »terroristischen Vereinigung im Ausland« verhaftet. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart beschuldigt ihn, als Gebietsverantwortlicher der PKK in Baden-Württemberg Spenden gesammelt sowie Schulungen und Demonstrationen organisiert zu haben. Da in der Türkei seit zwei Jahren Waffenstillstand herrscht, dienten Demonstrationen von Kurden in Deutschland vor allem zur Unterstützung des dortigen Friedensprozesses sowie der Solidarität mit dem Kampf der Kurden in Syrien und Irak gegen die Terrormilizen des Islamischen Staates. Aus Sicht der deutschen Justiz scheint auch solches Engagement »terroristisch« zu sein.

Demonstrationen

21. Februar: Berlin, 14 Uhr, Potsdamer Platz; Köln, 14 Uhr, Rudolfplatz; Bremen, 14 Uhr, Leibnizplatz

26. Februar: Berlin, 16 Uhr, Kundgebung vor dem Reichstag