Neues Deutschland, 23.02.2015

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Von Roland Etzel

Schlacht um Aleppo ist neu entflammt

Ban drängt UN-Sicherheitsrat zum Handeln im Syrien-Konflikt / Türkei und USA basteln an »gemäßigter« Truppe

Nachdem der ursprüngliche Syrien-Konflikt viele Monate lang in der internationalen Wahrnehmung kaum noch eine Rolle gespielt hatte, ist er mit voller Wucht zurückgekehrt - in die Schlagzeilen. In der Realität hatte er nie aufgehört, war allenfalls auf niederer Intensität weitergeköchelt. Die Hauptaufmerksamkeit hatte seit dem Sommer dem Kampf um die an der Grenze zur Türkei gelegene kurdisch-syrische Stadt Kobane gegolten. Dort scheint die Entscheidung zugunsten der kurdischen Verteidiger und gegen die islamisch-fundamentalistischen Milizen des Islamische Staats (IS) gefallen zu sein. Dies allerdings zum Missfallen der Türkei, der die durch das Vorrücken von IS bedrohte, nun aber fürs Erste weiter gesicherte De-facto-Existenz einer kurdischen Autonomie ein Dorn im Auge ist.

Dass die Kobane-Kurden und ihre Volksverteidigungseinheiten (YPG) ein Ableger der von Ankara bekriegten Arbeiterpartei Kurdistans sind, ist ein offenes Geheimnis. Dennoch musste die türkische Armee aufgrund der weltweiten Aufmerksamkeit ihre Blockade gegen Kobane aufgeben. Nicht zuletzt wurde die türkische Regierung dazu von den USA gedrängt, die befürchteten, für das drohende Massaker in Kobane im Falle der Niederlage von YPG mitverantwortlich gemacht zu werden.

Recep Tayyip Erdogan, damals Minister- und inzwischen Staatspräsident der Türkei, hatte dafür aber von den USA einen Preis verlangt und auch zugesagt bekommen. Die Option wird nun eingelöst. Erdogans Mittun am Krieg gegen IS in Syrien, das eigentlich nur darin bestand, den Dschihadistenmilizen nicht offen als Hinterland zur Verfügung zu stehen, müssen die USA jetzt mit der Unterstützung für den Aufbau einer Anti-Assad-Truppe honorieren.

Das ist das Kernanliegen des sunnitischen Muslims Erdogan in Syrien: der Sturz des Präsidenten-Clans um Baschar al-Assad und damit der alawitischen Minderheit. Ankara und Washington hatten in der Nacht zu Freitag bekannt gegeben, dass man sich nach monatelangen Verhandlungen darauf geeinigt habe, bis zu 15 000 »gemäßigte syrische Rebellen« für den Kampf gegen IS-Dschihadisten und »das Regime in Damaskus« auszubilden und auszurüsten. Ein entsprechendes Dokument sei kürzlich unterzeichnet worden, zitierte AFP den türkischen Außenminister Mevlut Cavusoglu.

Sollte diese Ausbildung tatsächlich, wie es schon vor Wochen hieß, auch in Saudi-Arabien stattfinden, darf man bezweifeln, dass diese Truppe ideologisch bzw. religiös »gemäßigt« sein wird. Jetzt wurde aber mitgeteilt, das Training finde nahe der Stadt Kirsehir, südöstlich von Ankara, statt. Auf jeden Fall sollen die Freischärler gegen die syrische Armee in den Krieg ziehen, als bewaffneter Arm des in Istanbul residierenden Syrischen Nationalrates (SNC), des vom Westen unterstützten Gremiums der Exilopposition. Sie soll den Platz der Freien Syrischen Armee einnehmen. Diese 2011 entstandene lose Gruppierung von Deserteuren aus der syrischen Armee existiert inzwischen praktisch nicht mehr.

Beim SNC in Istanbul zeigt man sich mit dieser Entwicklung sehr zufrieden. Die USA hätten endlich erkannt, dass sie diejenigen Kräfte trainieren müssten, die 2011 den Aufstand gegen das syrische Regime begonnen hätten, sagte der Vizepräsident der SNC, Hischam Marwah, am Freitag gegenüber dpa. »Wir wünschten, diese Entscheidung wäre früher gekommen.«

Ungeachtet dessen hat die Syrische Armee eine neue Offensive auf Aleppo begonnen. Die zweitgrößte Stadt Syriens ist zur Hälfte von Regierungsgegnern beherrscht. Diese droht nun eingekesselt zu werden, was den UNO-Generalsekretär auf den Plan gerufen hat. Die Abwürfe von Fassbomben durch die Armee müssten eingestellt, die Zivilisten gerettet werden. Ban Ki Moon verlangte eine politische Lösung. Dafür seien »harte Entscheidungen und Kompromisse« nötig, alle Seiten müssten ihre Vorbedingungen für Friedensgespräche aufgeben.

Das Problem ist: Derartige Gespräche hat es erst vor wenigen Tagen gegeben. In Moskau. Marwah erklärte dazu der Hamburger »Zeit«, er sei nicht eingeladen worden. Aber selbst wenn man dies getan hätte, wäre er wohl ferngeblieben. Man wolle erst verhandeln, wenn Assad zurückgetreten sei. Damit dreht sich die Diskussion im Kreis. Da scheint guter Rat teuer. Auch Ban vermeidet es, sich dazu zu äußern.