welt.de, 07.03.2015

http://www.welt.de/newsticker/news1/article138167131/Erdogan-EU-bei-Aufnahme-von-Syrern-sehr-zurueckhaltend.html

Erdogan: EU bei Aufnahme von Syrern sehr zurückhaltend

Türkei nahm bislang zwei Millionen Flüchtlinge auf

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Europa eine zu große Zurückhaltung bei der Aufnahme syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge vorgeworfen. Die EU-Staaten hätten bislang lediglich 200.000 Syrer aufgenommen, die Türkei dagegen zwei Millionen, sagte Erdogan in Gaziantep nahe der Grenze zu Syrien.

"Die westlichen Staaten, die nach eigenen Angaben viel reicher sind als wir, überlassen die Flüchtlinge dem Tod im Meer", klagte er mit Blick auf die zahlreichen Flüchtlingsdramen im Mittelmeer. Die Türkei dagegen lasse "ihre Brüder nicht im Stich" und werde den Syrern nicht die Tür verschließen, betonte Erdogan.

Nach jüngsten Angaben hat die Türkei seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien vor vier Jahren mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen und für sie bislang umgerechnet fünf Milliarden Euro aufgewendet. Aus Geldmangel hatte das Welternährungsprogramm (WFP) der UNO im vergangenen Monat die Finanzierung von neun Flüchtlingslagern in der Türkei gestoppt.

Kämpfer der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) rücken derweil auf eine strategisch wichtige Stadt im Nordosten Syriens vor. Bei ihrer Offensive zur Eroberung von Tall Tamer in der Provinz Hassaka seien die Rebellen in mehreren umliegenden Gebieten vorangekommen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. In Tall Nasri südlich von Tall Tamer seien die IS-Kämpfer dagegen von kurdischen und assyrischen Kämpfern zurückgeschlagen worden. Bei den Gefechten wurden demnach acht Rebellen und zwei Zivilisten getötet.

Tall Tamer liegt rund 40 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt und ist derzeit unter kurdischer Kontrolle. Sollte die Stadt an die IS-Kämpfer fallen, hätten sie die Kontrolle über eine wichtige Straße, die von Syrien bis in ihre irakische Hochburg Mossul führt. Der IS hat in der Region seit Ende Februar bereits mehrere Dörfer erobert und 220 assyrische Christen entführt. Bislang wurde 23 von ihnen nach der Zahlung von Lösegeld freigelassen.

Die IS-Miliz kontrolliert seit dem Sommer weite Landesteile in Syrien und im benachbarten Irak. Neben den Regierungstruppen beteiligen sich kurdische Kämpfer und andere Rebellengruppen an dem Kampf gegen die Extremisten. Zudem fliegt eine US-geführte internationale Militärkoalition in beiden Ländern Luftangriffe auf IS-Stellungen.

In der zentralsyrischen Provinz Hama wurden die Dschihadisten von Regierungstruppen angegriffen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete, griffen die Soldaten einen Konvoi der IS-Kämpfer an. Dabei seien dutzende Fahrzeuge zerstört und 26 Dschihadisten getötet worden, darunter ein selbsternannter Provinzgouverneur.