junge Welt, 10.03.2015

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Tod einer Internationalistin

Junge Aktivistin aus Duisburg stirbt im Kampf gegen Islamischen Staat. Immer mehr Ausländer auf Seiten kurdischer Kräfte

Von Nick Brauns

Am frühen Samstag morgen ist die in Deutschland geborene Internationalistin Ivana Hoffmann in Syrien getötet worden. Die 19jährige ist laut Bild online »die erste Deutsche«, die im Kampf gegen die dschihadistische Miliz »Islamischer Staat« (IS) ums Leben gekommen ist.

Unter dem Kampfnamen Avaşin Tekoşin Güneş hatte sich die junge Frau mit afrikanischen Wurzeln in Duisburg der Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei (MLKP) aus der Türkei angeschlossen. In einer internationalen Brigade der MLKP kämpfte sie an der Seite der kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG-YPJ im Gebiet Rojava im Norden Syriens gegen den IS.

Bei der Verteidigung von Dörfern der christlichen Assyrer bzw. Aramäer in der Region Til Temir wurde sie in der Nacht zu Samstag bei einem Angriff der Dschihadisten getötet, teilten ihre Genossen am Sonntag mit. »Avaşin legte alles aus dem Europa nieder, für das Menschen Tausende von Dollar bezahlen«, um in Rojava zu kämpfen, heißt es im Nachruf der MLKP.

In einem Brief von Hoffmann, in dem sie ihre Motivation, in Syrien zu kämpfen, darlegte, heißt es, sie wolle »für sechs Monate ein Teil der Revolution in Rojava« sein. Sie habe nicht tatenlos zusehen können, »während meine Schwestern, Brüder, Freunde, Mütter, Väter, Genossen um die Freiheit, um die Unabhängigkeit vom Kapitalismus kämpfen«. Rund ein halbes dutzend Mitglieder der MLKP sind in den vergangenen Monaten bei bewaffneten Auseinandersetzungen um die Stadt Kobani sowie um die jesidischen Siedlungsgebiete in Sengal im Nordirak ums Leben gekommen.

Neben kommunistischen Internationalisten kämpfen Armeeveteranen aus Europa, Nordamerika und Australien an der Seite der YPG. Unter der Losung »Schickt die Terroristen zur Hölle und rettet die Menschheit« rufen die »Löwen von Rojava« über das Internet ehemalige Soldaten dazu auf, sich den YPG anzuschließen und diese mit ihrer Kampferfahrung zu unterstützen.

Die Initiative dazu ging unter anderem vom ehemaligen US-Marine-Infanteristen Jordan Matson aus. »Ich hatte es satt, dabei zuzusehen, wie so viele unschuldige Menschen umgebracht werden«, begründete der aus der US-Armee entlassene Irak-Kriegsveteran gegenüber dem kurdischen Sender Ronahi TV seinen Beitritt zu den YPG im vergangenen Sommer.

Den Vorwurf, Söldner zu sein, weisen die »Löwen« zurück. Auch erhalten sie keine Bezahlung. Die meisten »Löwen« teilen nicht die sozialistische Ideologie der in Rojava politisch führenden Partei der Demokratischen Einheit (PYD) und ihrer in der Türkei und dem Nordirak gegen den IS kämpfenden Schwesterorganisation, der von USA und EU als Terrororganisation gelisteten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Motivation der ehemaligen Soldaten sei vielmehr religiös. So gibt Matson auf seiner Facebook-Seite die Bibel als sein Lieblingsbuch an.