junge Welt, 12.03.2015

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Militärpakt gegen Teheran

Sprecher der israelischen Opposition fordert von den USA grünes Licht für Angriffe auf iranische Atomanlagen

Von Knut Mellenthin

Die israelischen Störmanöver gegen die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm gehen weiter. Falls es zu einer Vereinbarung zwischen Teheran und der internationalen Sechsergruppe kommt, sollte die US-Regierung gleichzeitig ein »Parallelabkommen« mit Israel schließen, verlangte am Dienstag der frühere Chef des Militärgeheimdienstes, Amos Jadlin. Darin müssten sich die USA zu konkreten Maßnahmen verpflichten, die sie ergreifen würden, falls Iran gegen die Abmachungen über die Begrenzung seines Atomprogramms verstößt. Unter anderem müsse dieser »Pakt«, wie Jadlin es mehrmals nannte, sicherstellen, dass Israel im Fall iranischer Vertragsverletzungen »berechtigt ist, Dinge zu tun, die die USA in der Vergangenheit nicht unterstützten, wie etwa einen militärischen Angriff«. Darüber hinaus müsse das »Parallelabkommen« für diesen Fall auch einen gemeinsamen Aktionsplan der beiden Staaten enthalten. Der frühere Geheimdienstchef sprach auf einer Konferenz, die sich mit entscheidenden technologischen Innovationen auf militärischem Gebiet beschäftigte.Jadlins Äußerungen sind von besonderem Interesse, weil er das Mitte-Links-Oppositionsbündnis »Zionistisches Lager« unterstützt. Sollte dieses nach der Parlamentswahl, die am 17. März stattfindet, mit der Regierungsbildung beauftragt werden, würde er voraussichtlich Verteidigungsminister werden. Die Unterschiede zwischen der gegenwärtigen Rechtsregierung und der Opposition sind, zumindest was das Thema Iran angeht, offensichtlich gering.Jadlin hat mit seiner Forderung eine Idee von Dennis Ross aufgenommen, die dieser am 16. Februar während der alljährlichen Konferenz des Instituts für Studien zur Nationalen Sicherheit in Tel Aviv vorgetragen hatte. Jadlin ist Direktor dieses Instituts. Im Lebenslauf von Ross wechseln Jobs im Washingtoner Regierungsapparat mit Tätigkeiten für die Pro-Israel-Lobby: Von Februar 2009 bis November 2011 arbeitete er zunächst als Sonderberater von Außenministerin Hillary Clinton, dann als Hauptverantwortlicher für den Nahen Osten im Nationalen Sicherheitsrat des Präsidenten. Vor dem Amtsantritt von Barack Obama im Januar 2009 hatte Ross an mehreren Memoranden der Lobby mitgewirkt, in denen ein aggressiver Kurs gegenüber dem Iran befürwortet wurde. Die Verwirklichung dieses Programms hätte vermutlich schnell zu Kriegshandlungen geführt. Vor diesem Hintergrund war es erstaunlich, dass Obama ihn in den Regierungsapparat holte. Allerdings hielt er sich nicht an dessen veröffentlichte Vorschläge. Wahrscheinlich war das auch der Grund für die spätere Trennung.Während der Konferenz, die vor nicht ganz einem Monat in Tel Aviv stattfand, forderte Ross, dass sich das Weiße Haus für den Fall eines Abkommens mit Teheran öffentlich darauf festlegen müsse, welchen »Preis« der Iran bei Vertragsverletzungen zu zahlen haben würde. Das könne am besten durch ein Gesetz geschehen, bei dessen Formulierung die US-Regierung eng mit dem Kongress zusammenarbeiten solle, sagte Ross. Das sei auch der beste Weg, um die Kluft zwischen den Vorstellungen der USA und Israels zu diesem Thema zu verringern. Beispielsweise könnte man in einem solchen Gesetz die Möglichkeit vorsehen, bei bestimmten iranischen Vertragsverletzungen die damit verbundenen Atomanlagen zu zerstören. Das Wissen, dass Verstöße gegen die Vereinbarungen »automatisch die Anwendung militärischer Gewalt durch die USA auslösen« würden, werde erstens abschreckend auf den Iran wirken und zweitens den Israelis einen Teil ihrer Befürchtungen nehmen.Dass eine US-Regierung bereit sein könnte, sich auf einen solchen Automatismus festzulegen, also ihre eigene Aktionsfreiheit aufzugeben, wurde in der folgenden Diskussion von mehreren Konferenzteilnehmern als äußerst unwahrscheinlich zurückgewiesen. Nicht zuletzt deshalb konzentriert sich die Forderung, die Jadlin am Dienstag ins Gespräch brachte, auf die Billigung und Unterstützung eines israelischen Alleingangs durch die USA.