taz, 17.03.2015

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KARIM EL-GAWHARY ÜBER DEN KRIEG IN SYRIEN

Kampf gegen Symptome

Es ist die syrische Quadratur des Kreises: Der unsägliche, nun vier Jahre währende blutige Krieg muss endlich zu Ende gehen. Dabei dürfen Schlächter Baschar al-Assad und sein Regime, die für ihre Machterhaltung über 200.000 Leichen gegangen sind, nicht erfolgreich sein.

Aber eigentlich will auch niemand, dass die andere Seite gewinnt: ein unübersichtlicher Haufen, den der Blutzoll, den er bisher bezahlt hat, eher radikaler gemacht hat. Man hat aber auch lernen müssen, dass eine militärische Intervention von außen am Ende selten zu den gewünschten Ergebnissen führt. Das war die irakische Lektion. Also wurde jahrelang zugesehen. Nach dem Motto: Jeder Abnutzungskrieg findet sein Ende, wenn beide Seiten ausgeblutet sind und erkennen, dass der Krieg nicht militärisch zu gewinnen ist.

Doch dann kamen der Kalif und sein sogenannter Islamischer Staat (IS). Das war in Ordnung, solange die nur Syrer köpften. Aber als die ersten Europäer und Amerikaner auch noch von Europäern enthauptet wurden, waren alle von den Erfolgen und der Brutalität des Islamischen Staates aufgeschreckt. Seitdem besteht plötzlich akuter Handlungsbedarf.

Das Problem dabei: Die Entstehung des IS ist eine Folge des Syrienkonflikts und nicht dessen Ursache. Mit der Bekämpfung des Islamischen Staates führt man Krieg gegen ein Symptom und nicht gegen die Ursache der Krankheit - den Krieg in Syrien. Nun macht man sich in den USA wieder Gedanken, wie der zu beenden ist. US-Außenminister Kerry will eine alte Idee wiederbeleben. Wo es keinen militärischen Sieger gibt, muss politisch verhandelt werden, das heißt, mit Assad über eine Übergangslösung. Mit einem Assad, den man nicht legitimieren will, und mit wem eigentlich von Rebellenseite? Und wird am Ende weiter ein Assad oder einer der Seinen stehen, und wenn nicht, was ist die Alternative? Die syrische Quadratur des Kreises ist nicht aufgelöst.