Hamburger Abendblatt, 23.03.2015

http://www.abendblatt.de/politik/article205217269/PKK-Chef-Oecalan-will-Friedensprozess-in-Gang-bringen.html

Diyarbakir

PKK-Chef Öcalan will Friedensprozess in Gang bringen

Diyarbakir. Trotz aller Rückschläge im Versöhnungsprozess mit der türkischen Regierung hat der seit 1999 inhaftierte Vorsitzende der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, seine Anhänger zum Frieden aufgerufen. Es sei an der Zeit, die grausame und zerstörerische Geschichte zu beenden und eine Ära des Friedens, der Brüderlichkeit und der Demokratie zu beginnen, teilte Öcalan am Sonnabend in einer zum kurdischen Neujahrsfest Newroz in Diyarbakir verlesenen Botschaft mit. Hunderttausende nahmen an den Feierlichkeiten in der Kurdenmetropole teil.

Der gewaltsame Konflikt zwischen PKK und türkischer Regierung dauert seit 30 Jahren an. Dabei kamen bislang rund 40.000 Menschen ums Leben. Die PKK und die islamisch-konservative Regierungspartei AKP bemühen sich um einen Friedensprozess, der allerdings immer wieder ins Stocken gerät.

Öcalan hatte die PKK schon Ende Februar dazu aufgefordert, einen Kongress einzuberufen und zu beschließen, die Waffen unter bestimmten Voraussetzungen niederzulegen. Die Kurden fordern etwa mehr regionale Selbstbestimmung. In seiner Newroz-Botschaft bekräftigte Öcalan seinen Wunsch, den bewaffneten Kampf zu beenden. Die PKK solle auf einem Kongress "eine politische und gesellschaftliche Strategie" festlegen, um "eine demokratische Lösung und Frieden" zu erreichen, erklärte Öcalan. Der Kampf der Bewegung sei nicht vergeudet, aber er lasse sich nicht aufrechterhalten.

Ministerpräsident Ahmet Davutoglu zeigte sich zuversichtlich. Der Friedensprozess werde erfolgreich sein, sagte er am Wochenende. "Nun lasst uns nur die Sprache der Verhandlung sprechen. Lasst uns den Hass, die Kultur des Hasses, die Gewalt und die Waffen für immer im Boden begraben", sagte Davutoglu.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte schon vor der Newroz-Botschaft Öcalans gesagt, dass er auf eine Umsetzung der Waffenniederlegung warte. "Eine Realisierung ist erforderlich", sagte er am Sonnabendmorgen. Die Idee eines Aufsichtsgremiums, das den Friedensprozess begleiten soll, halte er jedoch für falsch. Erdogan sagte, er hoffe, dass Öcalans Botschaft zu einem "Meilenstein für Frieden und Solidarität" werde. Mütter sollten nicht länger Tränen vergießen müssen.

Vor zwei Jahren hatte Öcalan an selber Stelle einen Waffenstillstand ausgerufen und erklärt, es sei an der Zeit, die Waffen schweigen und die Politik reden zu lassen. Zwei Monate später begannen seine Kämpfer, sich in den Irak zurückzuziehen, nachdem den Kurden in der Türkei mehr Rechte in Aussicht gestellt wurden. Die Regierung verzögerte den Prozess jedoch nach Ansicht der PKK, weshalb diese ihren Abzug stoppte. Die Waffenruhe hält weitgehend, doch das gegenseitige Misstrauen sitzt tief.