welt.de, 26.03.2015

http://www.welt.de/politik/ausland/article138822147/Schiitische-Milizen-kaempfen-nicht-mehr-um-Tikrit.html

Schiitische Milizen kämpfen nicht mehr um Tikrit

Der Kampf um Tikrit geht in die nächste Phase. Nach US-Luftangriffen rückt die irakische Armee mit Bodentruppen weiter vor. Die schiitischen Milizen haben sich aus der Offensive zurückgezogen.

Wenige Stunden nach US-Luftangriffen auf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat haben irakische Truppen die letzte Phase ihres Angriffs auf die strategisch wichtige Stadt Tikrit gestartet. An der "Südfront bei Audscha" sowie im Westen und Norden werde die Offensive fortgeführt, sagte ein Brigadegeneral des Kommandos der Provinz Salaheddin, deren Hauptstadt Tikrit ist.

Außerdem hätten Soldaten eine von der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zerstörte Brücke repariert. Auf ihrem Weg in das Stadtzentrum gerieten die Truppen allerdings in heftige Kämpfe, sagte Generalleutnant Abdul-Wahab al-Saadi.

USA unterstützt durch Luftangriffe

Unterdessen haben die vom Iran unterstützten schiitischen Milizen nach US-Angaben die Führungsrolle bei der Offensive auf Tikrit abgegeben. Die Schiitenmilizen hätten sich "aus der Gegend zurückgezogen", sagte der Chef des US-Militärkommandos Centcom, General Lloyd Austin, bei einer Anhörung im US-Kongress. Der Einsatz zur Rückeroberung der strategisch wichtigen Stadt liege nun in den Händen der irakischen Armee und der irakischen Polizei.

Der Rückzug der iranischen Kräfte und Milizen, die das irakische Militär unterstützt hatten, war eine Bedingung der USA. Erst daraufhin begann das US-Militär auf Bitten der irakischen Regierung Luftangriffe auf Tikrit zu fliegen, um der ins Stocken geratenen Offensive zu neuem Schwung zu verhelfen. Auch die französische Luftwaffe beteiligt sich an den Angriffen. Laut Centcom flog die internationale Koalition in einer ersten Welle in der Nacht 17 Angriffe auf IS-Ziele in und um Tikrit. Kampfjets, Bomber und unbemannte Drohnen hätten unter anderem zwei Brücken, drei Kontrollposten und einen Gefechtsstand der Dschihadisten unter Beschuss genommen.

IS-Stellungen mit Präzision zerstören

Welche Ziele dabei beschädigt oder zerstört wurden, blieb unklar. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP hörte am frühen Donnerstagmorgen Kampfjets, die eine zweite Runde von Angriffen flogen. Ziel sei es, Stellungen des IS mit "Präzision" zu zerstören und Schäden für Zivilisten zu minimieren, sagte US-Kommandant James L. Terry.

Der IS hatte die Geburtsstadt des früheren Diktators Saddam Hussein rund 130 Kilometer nördlich von Bagdad im Sommer 2014 eingenommen und kontrolliert sie seitdem.

Die irakische Armee hatte die Offensive auf Tikrit am 2. März gemeinsam mit schiitischen und sunnitischen Milizen gestartet. Bisher hatten sich die USA aus dieser Militäroperation herausgehalten, unter anderem weil iranische Militärberater die schiitischen Einheiten anleiteten.