Der Standard, 31.03.2015

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Istanbul: Staatsanwalt und Geiselnehmer in Justizpalast getötet

Staatsanwalt erlag Verletzungen - Genauere Umstände noch unklar

Istanbul - Die Polizei in Istanbul hat die Geiselnahme eines Staatsanwalts durch Linksextremisten nach neun Stunden gewaltsam beendet. Die beiden Geiselnehmer seien bei dem Zugriff im zentralen Justizgebäude der türkischen Metropole am Dienstagabend getötet worden, sagte Istanbuls Polizeichef Selami Altinok. Der Staatsanwalt hat zunächst mit lebensbedrohlichen Verletzungen überlebt. Am Abend sei Mehmet Selim Kiraz jedoch im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen erlegen, sagten die behandelnden Ärzte im türkischen Fernsehen.

Wie der Staatsanwalt verletzt worden war, blieb zunächst unklar. Altinok sagte, die Polizei habe sechs Stunden verhandelt. Die Sicherheitskräfte seien eingeschritten, als aus dem Büro des Staatsanwaltes Schüsse ertönt seien.

Der Staatsanwalt ist Ankläger in dem politisch bedeutenden Fall Berkin Elvan. Der Jugendliche war bei den Gezi-Protesten im Sommer 2013 von einer Tränengaskartusche der Polizei am Kopf getroffen und tödlich verletzt worden. Die verbotene Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C hat sich zu der Geiselnahme bekannt.

Die beiden Mitglieder der linksextremistischen DHKP-C hatten Staatsanwalt Mehmet Selim Kiraz zu Mittag im Justizpalast im europäischen Teil Istanbuls in ihre Gewalt gebracht. Vor dem Justizgebäude waren am Dienstagabend Schüsse zu hören. Die DHKP-C sprach in einer Twitter-Nachricht von einem "Angriff der Mörderpolizei auf die Volkskrieger".

Polizeichef Altinok erklärte, es sei alles versucht worden, die Geiselnahme unblutig zu beenden. Die DHKP-C hatte mit der Ermordung des Juristen gedroht. Sie forderte unter anderem, die Polizisten, die für den Tod Berkin Elvans verantwortlich seien, müssten ein öffentliches Geständnis ablegen. (APA, 31.3.2015