Neues Deutschland, 16.04.2015

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Von Uwe Kalbe

Die Erste

PERSONALIE

Feleknas Uca ist ein Name, der sich hiesiger Zunge beim ersten Kontakt verweigert. Die 38-jährige Politikerin hingegen ist alles andere als sperrig, ein umgängliches Wesen hat es ihr wohl auch erleichtert, zuweilen als Pionier erfolgreich zu sein. So war sie die erste Kurdin im EU-Parlament, als sie dort 1999 auf dem Ticket der Partei des Demokratischen Sozialismus ihren Platz einnahm - durchaus zur Ehre auch der listenplatzspendierenden PDS, die später in der Linkspartei aufging. Nach Jahren des Trainings bewegt sich Uca mühelos auf internationalem Parkett, auch zwischen den Welten, wenn es sein muss. Und jetzt muss es wohl sein. Bei der türkischen Parlamentswahl am 7. Juni tritt sie für die Kurdenpartei HDP an.

Das ist erneut bemerkenswert. Denn die 1976 im niedersächsischen Celle geborene Politikerin, die neben dem türkischen einen deutschen Pass besitzt, betritt so wiederum symbolträchtiges Neuland. Sie wäre die erste deutsche Parlamentarierin in der türkischen Nationalversammlung; mit ihrer Person zöge zudem die erste Jesidin dort ein. Die Anhänger dieser Religion sehen sich derzeit im Nahen Osten der Verfolgung des Islamischen Staates ausgesetzt und verweisen auf schmerzliche Erfahrungen auch mit türkischen Behörden. Insofern ist Ucas Kandidatur auch eine mutige.

Dass sie diese Rolle mit ausreichender Gelassenheit übernimmt, verdankt sie einem Rest an Naivität, den sie sich bewahren, und der Erfahrung, die sie in zehn Jahren EU-Parlament sammeln konnte. Auch den Lesern von »neues deutschland« dank regelmäßiger Kolumnen aus dieser Zeit bekannt, verfolgte sie damals engagiert Frauenrechtsthemen und will diese sowie sowie die Rechte religiöser Minderheiten erneut zu ihrem Thema machen. Auf Platz vier der HDP-Liste in der Kurdenmetropole Diyarbakir sind ihre Wahlaussichten ausgezeichnet - falls die Partei die geltende Zehn-Prozent-Hürde nimmt. Wenn nicht, fallen ihre Stimmen der dann vermutlich profitierenden AKP von Präsident Erdogan zu, die derzeit in den Umfragen die absolute Mehrheit noch knapp verfehlt.