junge Welt, 17.04.2015

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Für Ende der Angriffe auf Aleppo

Kirchenführer in Syrien fordert Einstellung der Unterstützung von Aufständischen

Von Karin Leukefeld

Der Patriarch der Griechisch-Katholischen Kirche von Antiochien und dem ganzen Osten, Gregorius III. Laham, hat die »internationale Gemeinschaft« dazu aufgerufen, die Unterstützung von Kampfverbänden in Syrien einzustellen. »Im Namen der Menschlichkeit und des Glaubens« müsse »jeder ehrliche Mensch in der Welt« ein Ende der Angriffe auf Aleppo fordern, sagte Laham laut einem Bericht der syrischen Nachrichtenagentur SANA am Dienstag in Damaskus.

Vor einer Woche hatten die aus der Türkei unterstützten Kampfverbände Raketen auf Aleppo abgefeuert. Mindestens neun Menschen wurden dabei getötet, Dutzende weitere wurden verletzt. Die Raketen gingen vor allem in den armenischen Vierteln der Stadt nieder, die unter der Kontrolle der syrischen Streitkräfte stehen. Die reagierten ihrerseits mit schwerem Beschuss der Gebiete, die von den Aufständischen kontrolliert werden.

Die armenischen Christen machen etwa ein Drittel der Einwohner von Aleppo aus. Sie sind die Nachfahren der Armenier, die 1915/16 während des Ersten Weltkrieges aus dem Südosten der heutigen Türkei (damals Osmanisches Reich) vertrieben, massakriert oder in die Wüste getrieben worden waren, wo viele von ihnen starben. In Syrien fanden die Verfolgten Aufnahme und Schutz. Sie siedelten sich vor allem entlang der Grenze zur Türkei an.

Die Einwohner von Aleppo hatten 2011/12 mehrheitlich Demonstrationen und den bewaffneten Kampf gegen die syrische Regierung abgelehnt. Der Einmarsch von zumeist islamistischen Kampfverbänden Ende 2012 und deren brutales Vorgehen erinnern insbesondere die armenischen Christen im Norden Syriens an die Verfolgung zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Der UN-Sondervermittler für Syrien, Staffan De Mistura, hatte Ende 2014 vorgeschlagen, den Kampf in Aleppo »einzufrieren«, um dort einen Waffenstillstand zu erreichen, der für andere Kampfzonen in Syrien als Beispiel dienen sollte. Die Regierungsgegner lehnen eine Vereinbarung ab. Die syrischen Streitkräfte versuchen weiterhin militärisch, den islamistischen Kampfgruppen in Aleppo die Versorgung und den Rückzug in die nahegelegene Türkei abzuschneiden.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat zusammen mit den anderen Rotkreuz- und Roter-Halbmond-Organisationen seine Präsenz in Aleppo verstärkt.