junge Welt, 28.04.2015

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»Die schönste und notwendigste Arbeit«

Die Autobiographie der kurdischen Befreiungskämpferin Sakine Cansiz (1958–2013) wird am Mittwoch in der jW-Ladengalerie vorgestellt

Von Anja Flach

Sakine Cansiz – Nom de guerre: Sara – war schon zu Lebzeiten eine Legende in der kurdischen Bewegung. In den schwarzen Jahren nach dem Militärputsch von 1980 hatte sie den Widerstand der PKK aus dem Gefängnis in der Türkei mitorganisiert. In Folge der Massenverhaftungen war die Außenwirkung der Kurdischen Arbeiterpartei in dieser Zeit fast nur auf den Gefängniswiderstand beschränkt. Er trug viel zum Überleben der Partei bei. Während viele unter der Folter zusammenbrachen und aussagten, blieb Sakine Cansiz standhaft. So wurde sie, die 1978 als eine von wenigen Frauen an der Gründung der PKK beteiligt gewesen war, zum Vorbild für ihre Genossinnen.

Im Januar 2013 wurden Sakine Cansiz und zwei weitere bedeutende kurdische Aktivistinnen, Fidan Doğan und Leyla Şaylemez, Opfer eines politischen Attentats in den Räumen des Kurdischen Informationsbüros in Paris. Ein Jahr nach der Ermordung der drei Frauen gelangten im Zuge einer Schlammschlacht zwischen der Gülen-Bewegung und Erdogans Regierungspartei AKP Dokumente über die Planung der Morde in Ankara an die Öffentlichkeit.

Zum Vermächtnis von Sakine Cansiz, die zuletzt auch dem Leitungsrat der PAJK (Freie Frauenpartei Kurdistans) angehörte, gehört eine dreiteilige Autobiographie, die sie Mitte der 90er Jahre in den kurdischen Bergen verfasste. Nun ist der erste Teil auf Deutsch erschienen. Mit viel Charme beschreibt sie darin ihre Kindheit und Jugend in Dersim. Eine zentrale Rolle spielt die Entstehung verschiedener linker Parteien und Organisationen, darunter auch die »Kurdistan-RevolutionärInnen«, aus denen später die PKK hervorgehen wird. Lebendige Schilderungen führen uns diese rebellische Jugend der 1970er vor Augen.

Anschließend verbrachte Sakine Cansiz eine Zeit in der Westtürkei, wo sie etwa mit Abdullah Öcalan und Mazlum Doğan zusammenarbeitete. Nach der Rückkehr nach Kurdistan wurde sie Berufsrevolutionärin. Ihre Aufgabe nach dem Gründungskongress der PKK war der Aufbau der Frauenbewegung. »Es war keine leichte Aufgabe, sich das notwendige Wissen über die Theorie und Praxis der Frauenbewegungen weltweit von der Vergangenheit bis heute anzueignen und daraus Schlüsse für Kurdistan zu ziehen«, schreibt sie in ihrer Autobiographie. »Es war die schönste und notwendigste Arbeit, die ich mir vorstellen konnte. Ich war ungeduldig und wollte sofort damit beginnen.« Schon Anfang 1979, ein halbes Jahr später, wurde sie verhaftet. Mit der Verhaftung endet der erste Band. Der zweite wird gerade übersetzt und soll noch im Laufe des Jahres erscheinen.

Sakine Cansiz hätte heute anders geschrieben, vieles ist noch durch die Brille der 90er Jahre gesehen. Die Frauenbewegung kämpfte damals noch ums Überleben in der PKK, die Frauenarmee wurde erst aufgebaut. Heute sind das Grundbestandteile der Bewegung. Und so ist die Befreiung von Kobanî nicht zuletzt ein Sieg von Frauen wie Sara.

Sakine Cansiz: Mein ganzes Leben war ein Kampf, Erster Band: Jugendjahre. Mezopotamien Verlag, 444 Seiten, 12 Euro, zu bestellen bei der Informationsstelle Kurdistan, Spaldingstr. 130–136, 20097 Hamburg Isku@nadir.org

Buchvorstellung am Mittwoch, 19 Uhr, jW-Ladengalerie, Moderation: Nick Brauns