welt.de, 07.05.2015

http://www.welt.de/wirtschaft/article140606104/Rheinmetall-will-Waffen-in-der-Tuerkei-bauen-lassen.html

Rheinmetall will Waffen in der Türkei bauen lassen

Der deutsche Rüstungskonzern plant ein Joint Venture in der Türkei. Dort sollen unter anderem Waffensysteme und Munition produziert werden. Zudem sucht Rheinmetall einen Partner zum Panzerbau.

Von Gerhard Hegmann Wirtschaftsredakteur

Rheinmetall strebt in seinem Rüstungsgeschäft eine umfassende Zusammenarbeit mit der Türkei an. Der deutsche Technologiekonzern plant eine Gemeinschaftsfirma mit dem großen staatlichen türkischen Rüstungskonzern MKEK. Die Türken sollen dabei für die Produktion verantwortlich sein, während die deutsche Seite das Management für die Fertigung in der künftigen Firma Rheinmetall MKEK Technologies stellen soll.

Geplant sei die Entwicklung von "neuen zukunftsweisenden Produkten auf dem Gebiet der Waffensysteme und Munition", heißt es in einer Mitteilung ohne nähere Erläuterung. Zunächst würden sich die Arbeiten auf die Entwicklung von Schutzsystemen und Mittelkalibermunition konzentrieren. Die Technologiekonzerne unterzeichneten auf der noch bis 8. Mai laufenden Rüstungsmesse IDEF in Ankara eine Absichtserklärung für das Vorhaben. "Es ist ein weiterer Mosaikstein in unserer Internationalisierungsstrategie", erklärte ein Rheinmetall-Sprecher der "Welt".

Schon bei der Vorlage der Jahreszahlen 2014 hatte Rheinmetall darauf verwiesen, dass 2014 nur noch 19 Prozent des Auftragseingangs von gut 2,8 Milliarden Euro aus Deutschland kam und sogar 60 Prozent von außerhalb Europas. Zu den genauen Geschäftsanteilen oder den konkret geplanten Projekten mit dem türkischen Partner könnten noch keine Angaben gemacht werden, heißt es. Der Düsseldorfer Konzern unterhält seit längerem Geschäftsbeziehungen zu dem türkischen Konzern.

So soll die 120-Millimeter-Glattrohrkanone des künftigen modernen türkischen Panzerns Altay auf einer Rheinmetall-Lizenz basieren. Dies wird vom Düsseldorfer Konzern aber nicht bestätigt. "Wir haben keine Lizenz vergeben", sagte ein Sprecher. Die Türkei ist zwar Nutzer des deutschen Leopard-Panzers, setzt aber verstärkt auf die Eigenentwicklung von Waffen.

Der türkische Panzer basiert selbst wiederum auf einer 2008 unterzeichneten Lizenz des südkoreanischen Panzerns K2 Black Panther, der vom Bahntechnik- und Rüstungskonzern Hyundai Rotem entwickelt wurde. In der Türkei soll die Serienproduktion des eigenen Altay-Panzerns in diesem Jahr in größerem Stil anlaufen.

Die Annäherung von Rheinmetall an MKEK ist ein weiteres Beispiel für die aktuelle Neuordnung und Partnersuche in der europäischen Heeresindustrie. So strebt der Generalunternehmer des deutschen Leopard-Panzerns, das Privatunternehmen Krauss-Maffei Wegmann (KMW), einen Zusammenschluss mit dem staatlichen französischen Panzer- und Munitionshersteller Nexter an. Das Vorhaben unter dem Projektnamen Kant hat sich zwar verzögert, werde aber wie geplant umgesetzt, hieß es zuletzt bei KMW. Statt zur Jahresmitte wird nun ein Abschluss im Spätherbst erwartet.

Rheinmetall sucht Partner für Panzerbau

Rheinmetall hätte nach wie vor Interesse an einem Alternativbündnis mit KMW – anstelle der deutsch-französischen Variante. Die Entscheidung liege letztlich bei der Politik, heißt es in der Düsseldorfer Konzernzentrale. Sollte sich die stille Hoffnung auf das deutsch-deutsche Bündnis mit KMW endgültig zerschlagen, halten Branchenkenner eine noch stärkere Annäherung von Rheinmetall an den großen US-Panzerhersteller General Dynamics für möglich. Vor drei Jahren gründeten Rheinmetall und der Hersteller des US-Kampfpanzers Abrams bereits eine Gemeinschaftsfirma für Panzermunition.

Jüngst gelang den Amerikanern ein Achtungserfolg in Europa. Der Rheinmetall-Partner General Dynamics brachte dem künftigen KMW-Partner Nexter eine Niederlage bei. Dänemark bestellt nämlich seine neuen Transportpanzer nicht bei Nexter, die ihr Erfolgsmodell VBCI in das Ausschreibungsrennen schickte, sondern bei Swiss Mowag.

Die Schweizer Firma gehört zum europäischen Herstellerverbund des US-Rüstungskonzerns. Die Amerikaner haben auch schon den deutschen Leopard-Panzer produziert: Über eine Lizenzproduktion für den spanischen Markt mit der spanischen General-Dynamics-Tochter Santa Bárbara Sistemas.