Frankfurter Rundschau, 09.05.2015

Deutsche Journalisten an türkischer Grenze festgenommen

"Spiegel"-Reporter Christoph Reuter ist beim unerlaubten Grenzübertritt von Syrien in die Türkei festgenommen und inzwischen nach Deutschland ausgewiesen worden.

Von Frank Nordhausen

Zwei deutsche Reporter werden beim Versuch aufgegriffen, illegal aus Syrien in die Türkei einzureisen.

Zwei deutsche Journalisten sind am Dienstag beim Grenzübertritt aus Syrien in die Türkei von den türkischen Behörden festgenommen worden. Einer von ihnen ist Christoph Reuter, ein mehrfach für seine Syrien-Berichterstattung ausgezeichneter Reporter des Nachrichtenmagazins „Spiegel“. Er wurde am Mittwoch nach Deutschland ausgewiesen, wie er der Nachrichtenagentur dpa bestätigte. Beim zweiten deutschen Reporter handelt es sich um den jungen Hamburger Fotografen Robin Hinsch, der ebenfalls ausgewiesen werden soll. Die Frankfurter Rundschau erreichte Hinsch telefonisch am Freitagnachmittag in einem Polizeitransporter, der ihn gerade aus der Grenzregion in die Hauptstadt Ankara brachte.

Der 28-jährige Fotoreporter sagte, er sei am Dienstagabend zusammen mit einem türkischen Kollegen von türkischen Soldaten festgenommen worden, als sie aus der syrisch-kurdischen Grenzstadt Kobane zurück in die Türkei wollten. „Ich war dort zwei Tage in eigenem Auftrag in loser Absprache mit dem Internetmagazin ‚Vice‘“, erklärte Hinsch.

Hinein und heraus nahmen die beiden Reporter den Weg über die grüne Grenze, da die Türkei offiziell derzeit keine Journalisten nach Kobane lasse. „Auf dem Rückweg schossen türkische Soldaten plötzlich ohne Vorwarnung auf uns. Wir warfen uns ins Gras und riefen laut, dass wir von der Presse sind“, berichtet Hinsch. Daraufhin seien sie festgenommen, in der türkischen Stadt Suruc zwei Tage lang verhört, aber stets korrekt behandelt worden. Der „Spiegel“-Reporter Reuter war auf dem Rückweg aus der umkämpften syrischen Metropole Aleppo, die er am Freitag letzter Woche auch über einen Schleichweg erreicht hatte. Da es auf demselben Weg zu gefährlich gewesen wäre, sei er über den offiziellen Grenzübergang bei Kilis zurück in die Türkei gekommen.
Reuter droht Einreisesperre

Obwohl er ein Bußgeld bezahlte, habe ihn die Polizei festgehalten, am Mittwoch nach Istanbul gebracht und in einen Flug nach Deutschland gesetzt, den er ohnehin gebucht gehabt habe. „Ich hoffe, ich habe keine Einreisesperre“, sagte Reuter.

Die Türkei lässt nur selten Journalisten offiziell nach Syrien ausreisen. Daher verlassen sich viele Kriegsreporter auf die Hilfe von Schmugglern. Sie müssen dann allerdings wieder illegal in die Türkei zurückkehren, da ihnen der türkische Ausreisestempel im Pass fehlt und sie der Grenzpolizei nicht erklären können, wie sie zuvor die Türkei verlassen haben. Der illegale Grenzübertritt ist nicht ungefährlich, da das türkische Militär auf Unbefugte im Grenzstreifen schießt.

Neben den beiden Deutschen wurden am Dienstag laut „Hürriyet“ noch zwei weitere ausländische Journalisten beim illegalen Grenzübertritt aus Syrien aufgegriffen. Der Generaldirektor des türkischen Presseamtes sagte der türkischen Presseagentur Anadolu, gegen alle vier Betroffenen werde nach der Ausweisung eine Einreisesperre verhängt. Die westlichen Regierungen protestieren dagegen nicht, da sie die Türkei selbst ständig ermahnen, die Grenze zu Syrien besser abzuschotten. (mit dpa)

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