welt.de, 18.05.2015 http://www.welt.de/newsticker/news1/article141105915/Anschlaege-auf-Bueros-der-tuerkischen-Kurdenpartei.html Türkei-Wahlen-Kurden-Explosionen Anschläge auf Büros der türkischen Kurdenpartei Vorfall kurz vor Auftritt von Parteichef Demirtas Auf zwei Büros der türkischen Kurdenpartei HDP im Süden der Türkei sind am Montag zeitgleich Anschläge verübt worden. Im HDP-Büro in Adana seien sechs Menschen verletzt worden, als ein verdächtiges Paket explodiert sei, sagte ein Parteivertreter. Am HDP-Hauptquartier in der nahe gelegenen Stadt Mersin explodierte demnach nahezu simultan ein Sprengsatz. Die HDP machte die Regierung verantwortlich. Bei der Explosion am Morgen in Adana wurden drei der sechs Opfer schwer verletzt, wie der Parteivertreter sagte. In Mersin war der Sprengsatz demnach offenbar in einem Blumenstrauß versteckt, der an das örtliche HDP-Büro geliefert wurde. Auf Videobildern waren mehrere Menschen mit blutigen Gesichtern zu sehen. Die HDP machte das islamisch-konservative Regierungslager für die Anschläge verantwortlich. "Einige von der Regierung unterstützte Kräfte versuchen, den Aufschwung und die Kampagne unserer Partei zu verhindern", erklärte die Partei. HDP-Chef Selahattin Demirtas hielt an einem geplanten Wahlkampfauftritt am Abend in Mersin fest. Er sprach vor seinen Anhängern von einer "Provokation". Seine Partei werde sich "nicht beugen". Mit Blick auf die bevorstehende Parlamentswahl in der Türkei hatte die HDP in den vergangenen Wochen mehrmals über Angriffe auf Wahlbüros und Mitarbeiter geklagt. Nach Angaben der Partei waren es seit April 23 Angriffe. Einige Parteivertreter machten bereits zuvor die Regierungspartei verantwortlich. Bei der Wahl am 7. Juni spielt die HDP, die laut Umfragen um die zehn Prozent der Wählerstimmen liegt, eine Schlüsselrolle. Wenn die Partei den Sprung über die Zehn-Prozent-Hürde ins Parlament in Ankara schafft, sinken die Chancen für die islamisch-konservative Regierungspartei AKP, in der neuen Volksvertretung eine Mehrheit für Verfassungsänderungen zu erreichen. Mit den Verfassungsänderungen will die AKP den Übergang zu einem Präsidialsystem durchsetzen, das für Staatschef und Ex-AKP-Chef Recep Tayyip Erdogan weitreichende Vollmachten vorsieht. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu verurteilte den doppelten Anschlag. Bei einem Wahlkampfauftritt im zentraltürkischen Karaman sagte er vor tausenden Anhängern, er habe eine "klare Anweisung" für umfassende Ermittlungen gegeben. Mit Blick auf Anschuldigungen gegen seine Partei warnte er zugleich vor einer Kampagne zur Diskreditierung der AKP. "Wir sind von Anfang an gegen Gewalt eingetreten. Mit Gottes Willen werden wir in Frieden zum 7. Juni gehen", sagte er. Erdogan schlug unterdessen
schärfere Töne an. Bei einer Kundgebung in der Schwarzmeerstadt Samsun
warf er der HDP deren Verbindungen zur verboteten kurdischen Arbeiterpartei
PKK vor. Er forderte die Wähler auf, der HDP nicht ihre Stimme zu geben.
"Ich sage allen in der Türkei (...) - wollen Sie, 78 Millionen, Ihre
Stimme einer politischen Organisation geben, die von einer Terrororganisation
geführt wird?", sagte er. Sein Sprecher Ibrahim Kalin verurteilte
die Anschläge und sagte, Vorwürfe gegen die Regierung seien "inakzetabel".
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