welt.de, 20.05.2015

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Mutmaßlichem PKK-Funktionär drohen zehn Jahre Haft

Ist die kurdische PKK eine Terrorvereinigung? Diese Frage steht zu Beginn des Prozesses gegen einen mutmaßlichen Kader der Organisation im Mittelpunkt. Menschen demonstrierten vor dem Gerichtsgebäude.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen hat am Mittwoch vor dem Hamburger Oberlandesgericht ein Prozess gegen einen mutmaßlichen Funktionär der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem 46-jährigen Türken Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor. Er habe sich vor allem um Spenden und Mitgliedsbeiträge gekümmert und sichergestellt, dass genügend PKK-Anhänger zu Veranstaltungen kamen, wie ein Vertreter der Bundesanwaltschaft erklärte.

Der Angeklagte soll unter dem Decknamen "Kahraman" ("Held") von Januar bis Juni 2013 den PKK-Sektor Mitte in Nordrhein-Westfalen geleitet haben. Dann sei er bis Mitte 2014 für den Sektor Nord zuständig gewesen, zu dem neben Hamburg auch Kiel, Bremen, Berlin und Sachsen gehören. Der 46-Jährige sitzt seit Ende August vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Das Gesetz sieht eine Höchststrafe von zehn Jahren vor.

Die Verteidigung argumentierte in einer ersten Erklärung politisch. Die Lage in den Kurdengebieten der Türkei, Syriens und des Iraks habe sich in den vergangenen Monaten stark verändert. Die PKK führe Friedensverhandlungen mit der türkischen Regierung, während sie zugleich in Syrien und im Irak gegen islamistische Terroristen kämpfe.

Das Gericht sollte darauf dringen, dass das Bundesjustizministerium eine Ermächtigung zur Strafverfolgung aufhebe, forderte Anwalt Rainer Ahues. Die rund 30 Zuschauer im Saal applaudierten. Bereits vor Beginn des Prozesses hatten etwa 20 Unterstützer des Angeklagten vor dem Gerichtsgebäude demonstriert.
Prozessauftakt gegen mutmaßlichen PKK-Funktionär
Foto: dpa Eine Unterstützergruppe für den 46-jährigen Angeklagten demonstriert am mit Schildern mit der Aufschrift "PKK-Verbot aufheben" vor dem Strafjustizgebäude

PKK und IS auf einer Liste: "Das ist ein großes Unrecht"

Der 46-Jährige verlas vor Gericht eine Erklärung auf Kurdisch, in der er sich deutlich zur Unterstützung der PKK bekannte und ihr Vorgehen verteidigte. Er hob vor allem die Botschaft von PKK-Chef Abdullah Öcalan zum kurdischen Neujahrsfest Newroz vom 21. März dieses Jahres hervor. Darin habe er zum Frieden und zur Demokratie aufgerufen. Trotz Provokationen und Angriffen der türkischen Sicherheitskräfte führe die Kurdenpartei weiter Friedensgespräche mit der türkischen Regierung.

Der Kampf der PKK und ihrer Verbündeten gegen die Terrormiliz IS in Syrien und dem Irak habe weltweit Anerkennung gefunden, auch im Europaparlament. Trotzdem stehe die PKK auf derselben Terrorliste wie die IS. "Das ist ein großes Unrecht", erklärte der Angeklagte.

Auf einen zweiten Applaus für den Angeklagten reagierte der Vorsitzende Richter Klaus Rühle mit einer strengen Ermahnung. An den 46-Jährigen gewandt stellte er dann fest: "Sie haben aus Ihrer Einstellung kein Hehl gemacht." Er frage ihn darum, ob er sich dazu bekenne, einen Sektor der PKK in Deutschland geleitet zu haben. Darauf wollte der 46-Jährige aber nicht antworten.

Grüne fordern Aufhebung des PKK-Verbots

Der justizpolitische Sprecher der Linken in der Hamburger Bürgerschaft, Martin Dolzer, forderte die Aufhebung des PKK-Verbots und die Freilassung aller ihrer in Deutschland inhaftierten Mitglieder. Der Bundesanwaltschaft warf er vor, sie halte an "alten Feindbildern" fest.

Ein weiterer Prozess gegen ein mutmaßliches PKK-Mitglied beginnt ebenfalls am Mittwoch in Koblenz. Der 56-Jährige soll von Mai 2013 bis Sommer 2014 das Gebiet Saarbrücken geleitet haben.

Unterdessen erhob die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen einen weiteren mutmaßlichen PKK-Funktionär. Der 47-Jährige, der im Februar in Villingen-Schwenningen festgenommen worden ist, soll seit 2010 nacheinander unter einem Decknamen Leiter der PKK-Gebiete Kiel, Sachsen, Stuttgart und Bodensee gewesen sein, teilte die Behörde am Mittwoch in Stuttgart mit. In der Anklage wird ihm die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Er sitzt in Haft.