Der Tagesspiegel, 02.06.2015 http://www.tagesspiegel.de/berlin/wir-kaempfen-dort-fuer-die-ganze-welt-irakische-kurden-besuchen-berliner-politiker/11863430.html „Wir kämpfen dort für die ganze Welt“ Irakische Kurden besuchen Berliner Politiker Von Hannes Heine Kurdische Politiker aus dem Irak besuchen das Abgeordnetenhaus. Im Irak wütet der "Islamische Staat". Aber nur vier Berliner Parlamentarier kommen, um den Kurden zuzuhören Amtskollegen. Eine
kurdisch-irakische Abgeordnete neben Farhan Jawhar, Kulturchef im Erbiler
Regionalparlament, im Foyer des Abgeordnetenhauses Berlin (von links).
Daneben die Linken Gabriele Hiller und Evrim Sommer sowie Ex-Senator Michael
Braun (CDU).Bild vergrößern Während im Berliner
Abgeordnetenhaus der Sommer die Luft stickiger werden lässt, reißt nördlich
von Bagdad ein mit Sprengstoff beladenes Auto mindestens 30 Schiiten in
den Tod. Mit einem geraubten Panzer werden weiter südlich 38 Polizisten
getötet. Und fast zeitgleich Männer, Frauen, Jugendliche erschossen. Das
alles sind Nachrichten dieser Woche aus dem Irak, wo eingereiste Sunni-Fanatiker
und einheimische Anhänger des „Islamischen Staates“ (IS) die Bevölkerung
terrorisieren. "Wir brauchen Waffen!" „Zunächst brauchen wir mehr Waffen aus dem Westen“, sagt Farhan Jawhar. „Das ist das Entscheidende.“ Im Abgeordnetenhaus spricht am Dienstag vor allem Jawhar, er ist der Chef des Kulturausschusses im Parlament der Regionalhauptstadt Erbil und gehört den Konservativen von Regionalpräsident Masud Barzani an: „Wir hoffen auf Einigkeit der deutschen Parteien in der Waffenfrage.“ Mindestens 1200 Peschmerga, die kurdischen Regionalsoldaten, seien vom IS getötet worden. „Wenn der Westen den IS nicht ernst nimmt, wird er gefährlicher werden.“ Um den Nordirak zu stabilisieren, erzählt Jawhar, dass sie an den Außengrenzen nun die Zölle einbehalten statt sie nach Bagdad zu überweisen: „Wir brauchen das Geld.“ Sollte es so weiter gehen, wolle man auch das nordirakische Öl behalten. Nach einem Bekenntnis zum Zentralstaat hört sich das nicht an. Barzani hatte mehrfach einen Kurdenstaat gefordert. Unter den sieben Delegierten am Dienstag sind auch zwei Frauen. Sie berichten, 34 der 111 Parlamentarier in Erbil seien Frauen – im Nahen Osten eine seltene Ausnahme, zumal es sogar einen Frauenausschuss gibt. Neben den Linken kam auch Ex-Senator Braun (CDU) Eingeladen hatte die Kurden die Berliner Linken-Abgeordnete Evrim Sommer, deren kurdische Eltern einst aus der Türkei geflohen sind. Von den Berliner Abgeordneten sind nur die Linke-Kulturexpertin Gabriele Hiller, der SPD-Rechtspolitiker Erol Özkaraca und CDU-Mann Michael Braun gekommen. Letzterer ist seit 20 Jahren Abgeordneter und leisem Humor nicht abgeneigt, als er erwähnt „mal kurz Senator“ gewesen zu sein. Fast zwei Stunden hören die vier Abgeordneten vor allem Farhan Jawhar zu. Er wird nicht müde, die Waffenfrage zu betonen. Die mitgereisten Erbiler Delegierten der sozialdemokratischen PUK und der linken Gorran-Liste sehen das ähnlich. Und auch wenn die in Erbil regierende konservative PDK nicht zimperlich mit Kritikern umgeht und man im Westen nicht sicher sein kann, was mit gelieferten Waffen geschieht, dürfte Jawhar wohl Recht haben, als er am Dienstag sagt: „Wir kämpfen dort für die ganze Welt.“
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