junge Welt, 12.06.2015 http://www.jungewelt.de/2015/06-12/021.php Anwälte zeigen Solidarität mit Frauen Im südtürkischen Tarsus beginnt nach brutalem Sexualmord an einer Studentin ein Prozess Die Tat war so schrecklich, dass sie selbst in der Türkei schockierte, in der brutale Gewalt gegen Frauen beinahe an der Tagesordnung ist: Im Februar wurde die 20jährige Özgecan Aslan im südtürkischen Tarsus von einem Minibusfahrer nach einem Vergewaltigungsversuch erstochen. Der mutmaßliche Täter und zwei Helfer verbrannten anschließend ihre verstümmelte Leiche. Am Freitag beginnt der Prozess gegen die drei Angeklagten. Rund 1.000 Anwältinnen und Anwälte wollen an dem Verfahren teilnehmen, um zu zeigen, dass die ganze Gesellschaft eine harte Bestrafung fordert. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft war die Studentin am Abend des 11. Februar die letzte Insassin im Minibus von Fahrer Ahmet Suphi A. Er lenkte das Fahrzeug laut Anklage in ein Waldstück und fiel über die junge Frau her, die sich verzweifelt wehrte. Dann soll der Täter Özgecan mit einer Eisenstange geschlagen und auf sie eingestochen haben. Um DNA-Spuren zu vernichten, schnitt er laut Anklageschrift dem Opfer die Hände ab. Sie wurden später in einer Toilette im Haus seines Vaters gefunden. Der Vater von A. und ein Freund halfen dem Hauptbeschuldigten demnach, die Leiche zu verbrennen. Sie wurden wenig später gefasst. Bei dem Prozess in Tarsus will die Staatsanwaltschaft lebenslange Haftstrafen für alle drei Angeklagten fordern. Dem Gericht gehören laut Presseberichten auch zwei Richterinnen an. Frauenverbände und Anwälte wollen beim Prozessauftakt ebenfalls auf die Höchststrafe für die mutmaßlichen Täter dringen. Der Tod der Studentin hatte im ganzen Land große Empörung und Massenproteste gegen Gewalt an Frauen ausgelöst. Im vergangenen Jahr wurden dem unabhängigen Dokumentationsportal Bianet zufolge in der Türkei 281 Frauen von Männern ermordet. 2013 waren es 214 Opfer gewesen. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres starben bereits 120 Frauen durch Männergewalt. Schon wenige Tage nach Özgecans Tod machten zwei weitere Frauenmorde in Istanbul und in der südosttürkischen Provinz Kahramanmaras Schlagzeilen. Frauenorganisationen kritisieren, sexistische Bemerkungen von Politikern der Regierungspartei AKP begünstigten die Gewalt. (AFP/dpa/jW)
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