Süddeutsche Zeitung, 12.06.2015 Erdoğans versöhnliche Töne Erst schwieg er tagelang -
nun hat sich der türkische Staatspräsident erstmals nach der Wahlschlappe
seiner Partei vom Sonntag persönlich geäußert. Er rief die Parteien zur
einer schnellen Regierungsbildung auf. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat sein öffentliches Schweigen seit der Wahlschlappe seiner Partei vom Sonntag gebrochen. Bei einer Rede vor Studenten in Ankara rief er am Donnerstag die Parteien auf, kompromissbereit an einer schnellen Regierungsbildung mitzuarbeiten. Jeder solle "sein Ego beiseitelassen", sagte er. "Ich lade alle ein, verantwortungsvoll darüber zu reden." Bis zur Wahl am Sonntag hatte Erdoğan eine Koalitionsregierung noch als schädlich für das Land bezeichnet. Nachdem seine Partei aber die absolute Mehrheit verfehlt hat und einen Partner braucht, zeigt er sich versöhnlicher im Ton. Wer glaube, nun breche eine Krise im Land aus, werde enttäuscht. Selbstkritik übte er nicht, obwohl er den Wahlkampf mit dem Wunsch nach mehr Macht für sich dominiert hatte. Erdoğan wollte in der Türkei ein Präsidialsystem einführen. Der AKP-Vorsitzende und Regierungschef Ahmet Davutoğlu hatte zuvor im Fernsehen eingeräumt: "Das Volk hat uns dafür nicht das Mandat gegeben." URL: http://www.sueddeutsche.de/politik/tuerkei-erdoans-versoehnliche-toene-1.2517042
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