Badische Zeitung, 15.06.2015

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Kurden kesseln Dschihadisten ein

Syrische Kurdenmilizen umzingeln IS-Kämpfer in der Grenzstadt Tel Abjad / Deutscher IS-Kämpfer verübt Attentat im Irak.

LIMASSOL/TEL ABJAD. Es sind Bilder, die man aus Kobane kennt: Tausende von syrischen Kurden und Arabern stehen verzweifelt an der mit Stacheldraht gesicherten türkischen Grenze. Als sich einige junge Männer mit Zangen an den Barrieren zu schaffen machen, fallen Schüsse. Die nur 50 Meter weiter nördlich, auf der türkischen Seite der Grenzzauns aufgefahrenen Wasserwerfer kommen zum Einsatz, die Menschenmenge gerät in Panik. Eine Stunde später bekommen die türkischen Grenzschützer "Verstärkung": IS-Dschihadisten feuern mit Kalaschnikows über die Köpfe der Flüchtlinge, die nun resignieren und zurück nach Tel Abjad marschieren. Erst am Sonntagabend dürfen einige passieren.

Die syrische Grenzstadt war bis zum Wochenende das wichtigste Eingangstor zum "Kalifat" des Islamischen Staats. Tausende ausländische Dschihadisten erhielten dort ihren Einreisestempel. Anschließend reisten sie in die nur 110 Kilometer entfernte "Hauptstadt" Rakka weiter. Seitdem syrische Kurdenmilizen die Stadt von Osten und Westen angreifen , ist der "Grenzübergang" geschlossen.

Klar und deutlich haben die syrischen Kurden ihre Ziele formuliert. "Wir wollen dem IS die Luft abschneiden", betont Nauaf Chalil von den YPG, den mit der türkischen Kurdenpartei PKK verbündeten "Volksverteidigungseinheiten". Bei ihrer Offensive zur Rückeroberung von Tel Abjad werden die syrischen Kurden ganz massiv von der US-Luftwaffe unterstützt. Ohne deren massive Bombardements, die bereits in Kobane kriegsentscheidend waren, wäre der Vormarsch der YPG nicht so schnell gegangen.

Kampflos sollen die Dschihadisten ihre Stellungen in den kurdischen Dörfern in der syrischen Provinz Rakka aufgegeben haben. Viele von ihnen flohen nach Tel Abjad, wo sie nun von den syrischen Kurden eingekesselt und von der US-Luftwaffe erbarmungslos bombardiert werden. Vor einem Jahr waren es die Kurden, die – in Kobane – mit dem Rücken zur Wand, der türkischen Grenze, standen. Heute sind es die IS-Terroristen. Um zu überleben, wollten sie die Einwohner von Tel Abjad als menschliche Schutzschilder einsetzen, befürchtet ein kurdischer Journalist, der aus Sicherheitsgründen ungenannt bleiben möchte. Genau aus diesem Grund habe der IS mit Unterstützung der Türkei die Kurden und Araber von Tel Abjad an der Flucht in das nördliche Nachbarland gehindert. Derartige Vorwürfe werden von der türkischen Regierung natürlich bestritten. Sie hatte bereits am Donnerstag, zwei Tage vor dem Flüchtlingsdrama am Grenzzaun von Tel Abjad, Maßnahmen angekündigt, um den Zustrom syrischer Flüchtlinge zu begrenzen. Eine Öffnung der Grenze, so hieß es, sei künftig nur noch dann möglich, wenn "humanitäre Tragödien" bevorstünden – was zumindest aus der Sicht des türkischen Staatspräsidenten jetzt nicht der Fall ist.

Indes sind bei Selbstmordanschlägen des IS nahe der nordirakischen Stadt Baidschi mindestens elf Menschen getötet worden. In einer im Internet veröffentlichten Erklärung hieß es, bei den Attentätern handele es sich um einen Deutschen, einen Briten, ein Palästinenser und einen Kuwaiter. Der Deutsche wird Abu Ibrahim al-Almani genannt.