junge Welt, 19.06.2015

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Krieg im Ramadan

UN-Sonderbotschafter verlässt Damaskus. Israelische Medien erörtern Unterstützung für Al-Nusra-Front

Von Karin Leukefeld

Der UN-Sonderbotschafter für Syrien, Staffan de Mistura, hat nach dreitägigen Gesprächen die syrische Hauptstadt Damaskus am Mittwoch wieder verlassen. Der Diplomat war mit dem Präsidenten Baschar Al-Assad und Außenminister Walid Muallem zusammengetroffen. Außerdem traf er sich mit Vertretern von »mehr als 30 politischen Parteien, mit Geistlichen und Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen«, wie es in der Erklärung von UN-Sprecher Farhan Haq hieß. Der Sonderbotschafter habe »deren Ansichten über die Genfer Beratungen hören« wollen.

Seit Anfang Mai trifft de Mistura sich in Genf mit den unterschiedlichsten Akteuren. Offiziell waren mehr als 40 syrische sowie 20 internationale Delegationen zu den einzeln stattfindenden Beratungen eingeladen. Ursprünglich sollte dem UN-Generalsekretär und dem UN-Sicherheitsrat Ende Juni ein Resümee der Gespräche vorgelegt werden. Nun sollen die Beratungen im Juli fortgesetzt werden.

Neben dem Verlauf der Genfer Beratungen standen bei den Gesprächen in Damaskus auch der Vormarsch islamistischer Gruppen wie des »Islamischen Staats« (IS), der Al-Nusra-Front und mit ihnen verbündeter Verbände im Mittelpunkt. Der syrische Präsident rief die UN-Mitgliedsstaaten dazu auf, »klar und entschlossen« gegen alle vorzugehen, die terroristische Organisationen finanzierten, bewaffneten und ihnen den freien Grenzübergang nach Syrien ermöglichten.

Der UN-Sicherheitsrat habe eindeutige Resolutionen gegen diese Organisationen verabschiedet, erklärte Assad. Die Staaten, die sich nicht daran hielten, müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Wer angesichts der terroristischen Verbrechen in Syrien schweige, ermuntere die Täter, weiter zu morden. Damaskus hat wiederholt der Türkei, Saudi-Arabien, Katar und Jordanien vorgeworfen, die syrische Grenze zu missachten. In der Türkei oder Jordanien ausgebildete Kampfverbände seien nach Syrien geschleust worden.

De Mistura mahnte alle Seiten, Zivilisten zu schützen. Explizit verurteilte er die Angriffe der syrischen Luftwaffe am Dienstag auf Duma, einen Vorort von Damaskus, der von der Islamischen Front besetzt gehalten wird. Der UN-Sonderbotschafter verurteilte zudem die Attacken der sogenannten »moderaten Rebellen« in Aleppo am Montag und Damaskus am Dienstag. In Aleppo waren mindestens 34 Personen getötet worden. In Damaskus – wo Mörsergranaten in einem vielbesuchten Park im Zentrum der Stadt niedergegangen waren – wurde die Zahl der Toten mit neun angegeben.

De Mistura forderte alle Parteien auf, den Zugang zu den von ihnen »belagerten Gebieten« freizugeben. Dabei verwies der UN-Diplomat auf den Fastenmonat Ramadan, der – je nach religiöser Strömung – am Mittwoch oder am Donnerstag begann.

Erneut verurteilte de Mistura auch den Einsatz sogenannter Fassbomben, die nach Angaben westlicher Organisationen und syrischer Oppositioneller zu Dutzenden täglich von der syrischen Armee eingesetzt werden. Regierungsvertreter haben die Anschuldigungen wiederholt zurückgewiesen.

Dass auch Israel in den Krieg in Syrien involviert ist, wurde in den vergangenen Tagen erneut in israelischen Medien erörtert. Der Sender Kanal 2 berichtete, dass die israelischen Streitkräfte erneut Dutzende verletzte Kämpfer der Al-Nusra-Front in Krankenhäusern auf den seit 1967 besetzten Golan-Höhen behandelt hätten. Die Tageszeitung Maariv zitierte eine namentlich nicht genannte Quelle der »Freien Syrischen Armee«. Diese gab an, der Vormarsch der Al-Nusra-Front – in der eigentlich entmilitarisierten UN-Zone des Golan – habe das Ziel, die syrische Armee von strategischen Punkten zu vertreiben, um so den Berg Hermon unter Kontrolle der Islamisten zu bringen und ein Zusammenschließen mit dem IS zu ermöglichen.

Die israelische Tageszeitung Haaretz hatte bereits früher geschrieben, dass die Regierung in Tel Aviv mit der Al-Nusra-Front und anderen Gruppen in Syrien eine Vereinbarung getroffen habe, wonach diese Israel nicht angreifen werden. Am 26. Mai hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gewarnt, dass eine »Atommacht Iran tausendmal gefährlicher und zerstörerischer« sei »als IS«.