Neue Zürcher Zeitung, 25.06.2015

http://www.nzz.ch/international/der-is-schlaegt-zurueck-1.18568791

Kämpfe in Kobane

Der IS schlägt zurück

Die Terrormiliz Islamischer Staat ist erneut bis in die nordsyrische Grenzstadt Kobane vorgestossen. Laut Medienberichten hatten sich die Jihadisten als kurdische Kämpfer getarnt.

Nach einer Reihe von Niederlagen geht die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien wieder zum Angriff über. Fünf Monate nach der Befreiung von Kobane sind die Jihadisten erneut in die nordsyrische Grenzstadt eingedrungen. Laut dem Fernsehsender al-Jazeera hatten sich die IS-Kämpfer als kurdische Kämpfer und Rebellen der Freien Syrischen Armee verkleidet, um von drei Seiten in die Stadt zu gelangen. In der Nacht habe es in mehreren Gebieten des Ortes schwere Kämpfe zwischen kurdischen Einheiten und den Extremisten gegeben, berichtete die oppositionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag. Ein IS-Kämpfer habe sich in der Nähe des Grenzübergangs zur Türkei mit einem Fahrzeug in die Luft gesprengt. Bei der Explosion und den Gefechten seien Dutzende von Menschen getötet worden. Die Kämpfe gingen weiter.

Zweite Offensive auf Hasaka

Der IS hatte die vor allem von Kurden bewohnte Grenzstadt bereits im vergangenen Jahr angegriffen und grosse Teile Kobanes eingenommen. Mit Hilfe von Luftangriffen der von den USA geführten internationalen Koalition gelang es den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in monatelangen Kämpfen, die Jihadisten zurückzudrängen. Ende Januar wurde Kobane endgültig befreit. Kämpfe und Luftangriffe haben jedoch grosse Teile der Stadt in Schutt und Asche gelegt. Erst in den vergangenen Wochen war langsam wieder Leben nach Kobane zurückgekehrt.

Gleichzeitig zur Offensive auf Kobane griffen IS-Einheiten auch die kurdische Stadt Hasaka im Nordosten des Landes an. Auch dort sprengte sich ein Selbstmordattentäter mit einer Autobombe in die Luft. Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle gelang es den Jihadisten, zwei Bezirke im Süden der Stadt unter ihre Kontrolle zu nehmen, die bisher von regierungstreuen Milizen gehalten wurden. Der Norden der Stadt wird von kurdischen Kämpfern kontrolliert.

Reaktion auf Niederlagen

Der neue IS-Angriff erfolgte nur wenige Tage, nachdem die Extremisten im Norden Syriens schwere Niederlagen gegen die Kurden einstecken mussten. In der vergangenen Woche hatten die Volksverteidigungseinheiten die weiter östlich gelegene Grenzstadt Tell Abjad befreit. Am Dienstag eroberten die Kurden den Ort Ain Isa und rückten bis auf rund 50 Kilometer an die syrische IS-Hochburg Rakka heran. Die Extremisten verloren durch die Niederlagen ihre wichtigsten Nachschubwege in die Türkei.