junge Welt, 23.07.2015

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Terrorhelfer

Türkei mitverantwortlich für Massaker

Von Ulla Jelpke

Gastkommentar von Ulla Jelpke

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Mittwoch ein Kondolenztelegramm in die Türkei gesandt. Allerdings nicht an den sozialistischen Jugendverband, dessen Aktivisten Ziel des Mordanschlages wurden, sondern an Premierminister Ahmet Davutoglu. Dem hat sie versichert, Deutschland und die Türkei seien »verbündet im Kampf gegen den Terrorismus«. Was für ein Hohn. Die türkische Regierung steht auf der langen Liste politisch Verantwortlicher für die Entstehung des »Islamischen Staates« (IS) ganz oben.

Die Zehntausenden, die in den vergangenen Tagen in der Türkei, aber auch in Deutschland, demonstrierten, wissen dies: »Seit Jahren unterstützt der türkische Staat unter der Führung von Erdogan und vor den Augen seiner westlichen Verbündeten den terroristischen Faschismus des IS«, heißt es in einem Demoaufruf des kurdischen Studierendenverbandes in Deutschland. Die Spatzen pfeifen es seit Jahren von den Dächern, dass die türkische Regierung Förderer der Terrortruppe ist. Zuletzt monierte selbst US-Präsident Barack Obama, Ankara tue viel zu wenig, um den Nachschub von Kämpfern und Waffen über die türkisch-syrische Grenze zu verhindern. Wobei Obama Steine aus dem Glashaus wirft: Schließlich haben die USA in der Vergangenheit selbst darauf gesetzt, den IS als Hilfstruppe gegen Syriens Staatschef Assad zu mobilisieren.

Bis heute unternimmt die türkische Regierung keine erkennbaren Anstrengungen, den IS zu bekämpfen. Während dieser praktisch ungehindert im Grenzgebiet agieren kann, lässt Erdogan immer wieder humanitäre Lieferungen ins zerstörte Kobani aufhalten.

Zu Erdogans Motiven gehört ein beinahe schon paranoider Hass auf die Kurdinnen und Kurden. Anstatt dem IS den Kampf anzusagen, tönte Erdogan erst vor wenigen Wochen, er werde »niemals einen syrisch-kurdischen Staat entlang unserer Grenzen dulden«. Die regierungsnahe türkische Presse bezeichnet den IS als gleich gefährlich wie die PKK und deren nordsyrische Schwesterorganisation PYD. Wegen ihrer Solidarität mit den Kurden in Rojava geraten nun auch die türkischen Kurden ins Visier des IS. Effektiven Schutz durch die türkische Regierung haben sie nicht zu erwarten, denn in ihrer Ablehnung der kurdischen Freiheitsbewegung sind Islamischer Staat und türkischer Staat Brüder im Geiste.

Die Bundesregierung ist von dieser Haltung nicht weit entfernt, wie das PKK-Verbot zeigt, das hierzulande bisweilen mit noch größerer Härte durchgesetzt wird als in der Türkei. Anstatt verlogene Beileidstelegramme zu versenden, sollte die Bundesregierung sich am Wiederaufbau von Kobani beteiligen und von der Türkei die Einrichtung eines humanitären Korridors in die zerstörte Stadt fordern. Solange die Türkei den IS fördert oder duldet, ist eine »Partnerschaft« mit Ankara gleichbedeutend mit einer Komplizenschaft.

Ulla Jelpke ist innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Deutschen Bundestag