Tagesschau, 25.07.2015

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Nach Luftangriffen auf PKK
Deutsche Politiker kritisieren Erdogan
Stand: 25.07.2015 21:57 Uhr

Dass sich die Türkei mit Luftangriffen im Kampf gegen die Terrormiliz IS engagiert, stößt im politischen Berlin auf Zustimmung. Allerdings halten SPD und Grüne dies für einen Vorwand. Präsident Erdogan habe einen anderen Gegner im Visier.

Die türkischen Luftangriffe auf PKK-Stellungen im Irak und in Syrien sind in Deutschland kritisiert worden. Zwar begrüßten Politiker parteiübergreifend die Angriffe auf die Terrormiliz "Islamischer Staat" - SPD und Grüne warfen Präsident Recep Tayyip Erdogan jedoch vor, diese nur als Vorwand zu nutzen, um zeitgleich gegen die kurdische PKK vorzugehen.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Niels Annen, erklärte: "Die türkische Politik scheint einmal mehr auf Abwegen." Zwar sei zu begrüßen, dass Ankara nach Jahren des Wegsehens endlich gegen den IS vorgehe und den USA Militärbasen zur Verfügung stelle. "Doch die zeitgleiche Bombardierung von Stellungen der PKK zeigt, dass Erdogans Prioritäten offensichtlich weiter nicht der Bekämpfung des IS gelten", kritisierte Annen. "Im Ergebnis birgt Erdogans Politik die Gefahr, den Krieg auszuweiten."

Niels Annen@NielsAnnen Türk. Politik auf Abwegen, Erdogan bombardiert als Antwort auf IS-Terror PKK, gefährdet Waffenstillstand & weitet im Ergebnis den Krieg aus 25.07.2015 12:31 Uhr via Twitter
Grünen-Chef Cem Özdemir sagte in der tagesschau, es sei richtig, dass die Türkei jetzt verstanden habe, dass der IS eine Gefahr sei. Wenn die Türkei sich zugleich aber gegen die Kurden stelle, stelle sie sich gegen diejenigen, die den IS am erfolgreichsten bekämpften.

"Angeblicher Kampf gegen IS"

"Erdogans angeblicher Kampf gegen den IS erweist sich als Vorwand, um gegen die Kurden vorzugehen, die ihm eine empfindliche Wahlniederlage zugefügt haben", sagte der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour der Nachrichtenagentur Reuters.

"Er scheint zur Vorbereitung der Neuwahlen sogar einen Bürgerkrieg in Kauf zu nehmen. Die Bundesregierung wäre gut beraten, anstatt des Lobes für die Angriffe auf den IS diese gefährliche Eskalationsstrategie klar zu kritisieren", fügte er mit Blick auf das Lob von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen für die türkischen Angriffe auf den IS hinzu.

Die CDU-Politikerin hatte in der "Bild"-Zeitung den türkischen Kampf gegen den IS gewürdigt: "Es ist wichtig, dass sich auch die Staaten der Region gegen den IS-Terror engagieren und sich über Religionsgrenzen hinweg gegen diesen barbarischen Terror stellen", sagte sie.

Von der Leyen pocht auf Aussöhnung mit PKK

In der tagesschau ging von der Leyen auch auf den Konflikt mit der PKK ein: "Es ist unbestritten das Recht der Türkei, sich gegen den menschenverachtenden Terror des IS zu wehren. Aber es ist genauso unbestritten, dass der Weg der Versöhnung, der zwischen der Türkei und der kurdischen Arbeiterpartei (PKK) von Beginn des Jahres an gegangen wurde, weiter gegangen werden muss."

CDU: Ambivalentes Verhalten Ankaras

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sprach von einem zwiespältigen Vorgehen: "Die Türkei verhält sich ambivalent und teilt den westlichen Kampf gegen den IS nur zum Teil", erklärte er mit Blick auf die Luftangriffe der türkischen Armee.

Deutschland unterstützt kurdische Peschmerga im Irak, die gegen den IS kämpfen. Peschmarga und die kurdische PKK lieferten sich in der Vergangenheit allerdings auch Auseinandersetzungen. Die PKK ist auch in Deutschland verboten.