Bundesregierung, 29.07.2015

http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/07/2015-07-28-tuerkei.html

LAGE IN DER TÜRKEI
Friedensprozess mit Kurden fortsetzen

Nach Auffassung der Bundesregierung sollte am Friedensprozess zwischen der türkischen Regierung und den Kurden festgehalten werden, hat die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz betont.

Der Friedenprozess zwischen der türkischen Regierung und den Kurden habe eine große Bedeutung für diese Region, machte Wirtz deutlich. Die Bundesregierung habe deshalb die Hoffnung, dass neue Ansatzpunkte gefunden werden, um den Prozess voranzutreiben.
Mit Blick auf die türkischen Militäreinsätze habe die Bundesregierung deutlich gemacht, dass es einerseits zwar das Verteidigungsrecht gegen terroristische Anschläge gebe, so die Regierungssprecherin. Andererseits müsse aber auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden.
Am Dienstag (28. Juli) hatte Außenminister Steinmeier bereits mit dem Präsidenten der Region Kurdistan-Irak, Masoud Barsani telefoniert, um über seine Einschätzung der Lage zu sprechen, erklärte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes, Sawsan Chebli. Beide seien sich einig gewesen, dass die PKK und die Türkei zu dem eingeschlagenen Friedensprozess zurückkehren sollten - denn eine Eskalation diene letztlich nur den Extremisten.
"Am Ende ist es für die Zukunft der Türkei am besten, wenn dieser Friedensprozess aufrechterhalten und fortgesetzt wird", betonte Chebli.


Sicherheit der Bundeswehr hat Priorität
Auch Bundesverteidigungsministerin von der Leyen hatte sich am Dienstag (28. Juli) bei ihrem Besuch in Mali zur Situation in der Türkei geäußert. Der Einsatz der Bundeswehr im Süden der Türkei werde sehr sorgfältig beobachtet, die Sicherheit der Soldaten habe absolute Priorität, betonte sie.
Die Verteidigungsministerin telefonierte mit ihrem türkischen Amtskollegen. Sie zeigte sich besorgt über die türkischen Luftangriffe gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK.
Nato sichert Solidarität zu
Die Nato-Botschafter hatten am Dienstag (28. Juli) die Terroranschläge in der Türkei verurteilt. Sie sprachen dem Land die volle Unterstützung der Allianz aus. Um zusätzliche militärische Unterstützung sei von der Türkei nicht gebeten worden, sagte Generalsekretär Stoltenberg.
Auf Antrag der Türkei fand nach den jüngsten Anschlägen ein Nato-Sondertreffen in Brüssel statt. Nato-Konsultationen dieser Art werden einberufen, wenn ein Bündnispartner seine territoriale Integrität oder seine Sicherheit bedroht sieht. Sie dienen dem Austausch zur Lage und zur Beratung innerhalb der Allianz.
Ein Sprengstoffanschlag im türkischen Suruç hatte am 20. Juli 32 Menschenleben gefordert. Zudem kam am 23. Juli bei einem Schusswechsel über die türkisch-syrische Grenze hinweg ein türkischer Soldat ums Leben. Die Türkei sieht als Urheber der Anschläge die Terrormiliz ISIS und die sogenannte Kurdische Arbeiterpartei (PKK).

Unterstützung im Kampf gegen Terrorismus
Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel am vergangenen Sonntag (26. Juli) über das Vorgehen der türkischen Regierung im Kampf gegen den Terrorismus nach dem Anschlag in Suruç und weiteren terroristischen Anschlägen gegen türkische Sicherheitskräfte informiert.
Bundeskanzlerin Merkel drückte in dem Telefonat ihr Mitgefühl für die Opfer der jüngsten Anschläge aus. Sie sicherte der Türkei die deutsche Solidarität und Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zu. Merkel verwies auch auf das Gebot der Verhältnismäßigkeit bei Militäreinsätzen und appellierte, den Friedensprozess mit den Kurden weiter zu verfolgen.
Außenminister Steinmeier äußerte am vergangenen Montag (27. Juli) ebenfalls Verständnis dafür, dass die Türkei gegen diejenigen vorgehe, die für die schrecklichen Terroranschläge der letzten Tage verantwortlich sind. Gleichzeitig unterstrich er, dass der so mühsam aufgebaute Friedensprozess mit den Kurden jetzt nicht zum Erliegen kommen dürfe: "Dies würde eine ohnehin komplizierte Lage nur noch schwieriger machen!"

Internationale Allianz geht gegen ISIS vor
Deutschland handelt im Rahmen einer internationalen Allianz von mehr als 60 Staaten, die mit einer gemeinsamen, vernetzten Strategie gegen die ISIS vorgehen. Der Bundestag hat das Mandat für diesen Einsatz erstmals am 29. Januar 2015 erteilt. Das Mandat ist bis zum 31. Januar 2016 befristet.
Schwerpunkt des Einsatzes ist der "nachhaltige Fähigkeitsaufbau der irakischen Streitkräfte sowie der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak", heißt es im Beschluss des Deutschen Bundestages. Hierfür können bis zu 100 Soldaten und Soldatinnen entsandt werden. Im Februar 2015 begann auf Bitten und im Einverständnis mit der irakischen Regierung sowie der Regierung der Region Kurdistan-Irak die multinationale Ausbildungsunterstützung ihrer Sicherheitskräfte.
Die Bundeswehr beteiligt sich an der Ausbildungsmission im nordirakischen Erbil. Neben der militärischen Ausbildung und Beratung der Peschmerga werden die deutschen Soldaten auch die Lieferungen humanitärer Hilfsgüter und militärischer Ausrüstung in den Nordirak koordinieren. Deutschland stellte bislang über 100 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und strukturelle Übergangshilfe zur Verfügung. Außerdem hat die Bundesregierung bisher militärische Ausrüstung sowie Waffen und Munition für die Sicherheitskräfte im Wert von mehr 46 Millionen Euro bereitgestellt.

Vorsitz der Gruppe "Stabilisierung"
Anfang Juni 2015 hatten sich Delegationen aus 13 Ländern auf französische Einladung in Paris getroffen. Unter dem gemeinsamen Vorsitz von Frankreichs Außenminister Laurent Fabius und dem irakischen Premierminister Haidar Al-Abadi beriet die Koalition über das weitere Engagement im Kampf gegen die Terrorgruppe. Aus Sicht der Bundesregierung kommt es darauf an, die von ISIS befreiten Gebiete zu stabilisieren. Deutschland hat deshalb im Rahmen der Anti-ISIS-Koalition zusammen mit den Vereinten Arabischen Emiraten den Vorsitz der Gruppe "Stabilisierung" übernommen.
Mittwoch, 29. Juli 2015