Spiegel Online , 30.07.2015

http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-vize-premier-verbietet-abgeordneter-den-mund-a-1045937.html

Türkischer Vizepremier: "Sie als Frau, seien Sie still"

Der stellvertretende türkische Regierungschef zeigte eigenwillige Methoden, einer unbequemen Abgeordneten im Parlament zu begegnen. Diese hatte die türkischen Militärattacken kritisiert. Es war nicht der erste sexistische Ausfall des Vizepremiers.

Der stellvertretende türkische Ministerpräsident Bülent Arinc hat erneut mit einer verbalen Entgleisung gegen Frauen für Ärger gesorgt. Bei der Parlamentsdebatte zu den Einsätzen der Armee gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) sowie gegen militante Kurden war Arinc gerade dabei, die Angriffe auf Kurden-Stellungen im Irak zu verteidigen, als eine Abgeordnete der Kurden-Partei HDP ihn lautstark kritisierte. "Seien Sie still!", sagte Arinc zu der Abgeordneten, "Sie als Frau, seien Sie still!"

Derzeit fliegt die türkische Armee Angriffe sowohl auf Stellungen des IS als auch gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK in der Türkei, im Irak und in Syrien.
Die Parlamentsdebatte wurde live im Fernsehen übertragen und führte prompt zu scharfer Kritik. Die HDP und auch die säkulare Oppositionspartei CHP forderten eine Entschuldigung von Arinc. "Wir als CHP verurteilen diese sexistischen, diskriminierenden und beleidigenden Kommentare scharf", erklärte Vizeparteichefin Selin Sayek Böke. Solch eine Äußerung, die Frauenrechte verletze, unter dem "Dach des Parlaments" zu tätigen, sei "inakzeptabel".

Die von Arinc zurechtgewiesene Parlamentarierin Nursel Aydogan sagte, sie nehme die Äußerung "nicht persönlich". Sie sei vielmehr eine "Beleidigung aller Frauen", inklusive der eigenen Abgeordneten von Arincs Partei AKP. Im Internet entbrannte unter den Schlagwörtern #BirKadinOlarakSusmayacagiz ("Wir Frauen werden nicht still sein") und #KadinDusmaniArinc ("Arinc ist ein Feind der Frauen") eine heftige Debatte.

Es war nicht die erste Äußerung des Vizeregierungschefs über Frauen, die für Unmut sorgte: Vor rund einem Jahr zog er mit der Forderung, Frauen sollten sich in der Öffentlichkeit sittsam kleiden und nicht laut lachen, die Kritik von Frauengruppen und der Opposition auf sich.