Neues Deutschland, 04.08.2015 http://www.neues-deutschland.de/artikel/979926.verhandeln-ist-alternativlos.html Von Ismail Küpeli Verhandeln ist alternativlos Ali Atalan sieht
die prokurdische HDP als wichtigen Faktor zur Deeskalation in der Türkei Herr Atalan, Sie waren
ja bis zum vergangenen Jahr bei der LINKEN in Deutschland aktiv. Was hat
Sie dazu bewegt, sich jetzt bei der linken und prokurdischen HDP in der
Türkei zu engagieren? Wir erleben derzeit eine massive
Eskalation der gespannten Lage in der Region. Die türkische Luftwaffe
bombardiert PKK-Stellungen in Nordirak, in der Türkei finden tagtäglich
Attentate und Gefechte zwischen der türkischen Armee und PKK-Kämpfern
statt. Wie ist diese Verschärfung zu erklären? Derzeit ermittelt die oberste
Staatsanwaltschaft gegen die HDP wegen vermeintlicher Unterstützung des
Terrorismus. Wie beurteilen Sie dieses Vorgehen? Könnte es tatsächlich
zu einem Parteiverbot gegen die HDP kommen? Was müsste jetzt geschehen,
um die Eskalation und den drohenden Bürgerkrieg in der Türkei wieder abzuwenden?
Welche Rolle kann hierbei die HDP spielen? Können Deutschland und die
Europäische Union die Deeskalation der Lage unterstützen - und wenn ja,
wie? Unser Kovorsitzender Selahattin Demirtas hat wiederholt und unmissverständlich beide Seiten dazu aufgerufen, die Kämpfe ruhen zu lassen und wieder zum Waffenstillstand und zu erneuten Verhandlungen zurückzukehren. Es gibt keine Alternative dazu, die Fortführung des Krieges erzeugt nur Leid und Trauer und erschwert eine friedliche Lösung immer mehr. Wir sind jedenfalls für Frieden und Demokratie in der Türkei angetreten und werden diesen Weg weiter gehen - trotz der Angriffe aus dem Erdogan-Lager und der Kriegstreiber in der Türkei. Was die westlichen Länder tun können, ist, auf die Türkei einzuwirken, dass sie ihre aggressive und kriegerische Haltung aufgibt und mit der PKK wieder verhandelt. Zwei konkrete Schritte würden den Friedensprozess sicher fördern: die Aufhebung des PKK-Verbots in Deutschland und der Rückzug der deutschen Patriot-Raketen aus der Türkei. Denn jetzt haben wir einen völkerrechtswidrigen Krieg, in dem der Westen leider als Verbündeter der kriegerischen Erdogan-Strategie agiert. Bei den türkischen Angriffen sind bisher Dutzende Zivilisten getötet werden, wie zuletzt in Nordirak im Dorf Zergele. Der sinnlose Krieg Erdogans gegen die Kurden muss gestoppt werden. Dazu müssen alle internationalen Institutionen und Organisationen beitragen und dringend politisch intervenieren. Der jetzige Kurs der türkischen Regierung facht die Kriege in der Region an und dies muss umgehend ein Ende finden. Ali Atalan wurde 1968 in der Türkei geboren, wuchs in einer jesidisch-kurdischen Familie auf und kam 1985 in die Bundesrepublik. Er war dort bei den Grünen und danach in der LINKEN politisch aktiv. 2015 wurde Atalan als Abgeordneter der südosttürkischen Stadt Batman für die HDP (Demokratische Partei der Völker) in das türkische Parlament gewählt.
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