focus.de, 22.08.2015

http://www.focus.de/politik/ausland/islamischer-staat/isis-terror-kritik-an-ankara-vor-nato-sondertreffen-zur-tuerkei_id_4843053.html

SPD-Wehrexperte sieht in Kurden-Konflikt keinen Nato-Bündnisfall

Saudi-Arabien begrüßt türkischen Einsatz gegen IS-Miliz in Syrien

11.43 Uhr: Saudi-Arabien hat den türkischen Militäreinsatz gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien begrüßt. In einem Telefonat mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan habe König Salman die jüngsten Attacken auf die Türkei verurteilt, meldete die amtliche Nachrichtenagentur SPA am Dienstag. Die Türkei habe "das Recht, sich zu verteidigen und ihre Bürger vor Terrorakten zu schützen". Erdogan und Salman betonten in dem Telefongespräch demnach auch die "ausgezeichneten Beziehungen" zwischen beiden Ländern.

Das Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und der Türkei war zuletzt angespannt gewesen. Saudi-Arabien ärgerte sich vor allem darüber, dass die Türkei den 2013 vom Militär entmachteten ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi und seine Muslimbruderschaft unterstützte. In Syrien ist Saudi-Arabien bereits an der US-geführten Militärkoalition beteiligt, die Luftangriffe gegen den IS fliegt.

Die Türkei fliegt seit vergangener Woche Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien, sie bombardiert aber auch kurdische PKK-Lager im Nordirak. Aus Sicht der türkischen Regierung sind beide Gruppen gleichermaßen Terrororganisationen. Während die Luftangriffe gegen die IS-Miliz im Westen einhellig begrüßt wurde, stieß die Offensive gegen die PKK auch auf Kritik.

SPD-Wehrexperte sieht in Kurden-Konflikt keinen Nato-Bündnisfall

09.35 Uhr: Die Nato muss nach Ansicht des SPD-Verteidigungsexperten Rainer Arnold Einfluss auf die Türkei im Konflikt mit den Kurden nehmen. Die Bombardierung kurdischer Stellungen durch die Türkei sei nicht verhältnismäßig, kritisierte Arnold am Dienstag im Deutschlandfunk. Für die von der Türkei beantragte Nato-Sondersitzung am Dienstag in Brüssel erwarte er, dass Ankara "eher ein symbolisches politisches Mandat" von den Nato-Partnern wolle. "Ich kann nicht erkennen, dass der Bündnisfall eintritt", fügte er hinzu.

Der Bündnisfall ist im Nordatlantikvertrag in Artikel 5 geregelt. Dort heißt es, dass "ein bewaffneter Angriff" gegen einen oder mehrere Partner "in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen werden wird". In einem solchen Fall müssten die anderen Nato-Länder Beistand leisten, wenn der Bündnisfall einstimmig beschlossen wird.

Arnold sagte, die Türkei versuche mit den Angriffen auf Stellungen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und mutmaßliche Lager der Kurden im Nordirak, "zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen". Dabei sei der Friedensprozess mit der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) notwendiger denn je. Die Türkei sei auf die Unterstützung ihrer Partner angewiesen, deswegen erwarte er, dass sich das Land in die Strategie der Staatengemeinschaft einordnen werde.

Hollande begrüßt verstärktes türkisches Engagement gegen ISIS-Miliz

08.37 Uhr: Frankreichs Präsident François Hollande hat die "Verstärkung des Engagements der Türkei" gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat begrüßt. Bei einem Telefonat mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan habe Hollande ihm für den "kraftvollen Einsatz" gegen die Extremisten in Syrien gedankt, erklärte die französische Präsidentschaft am Montag. Demnach forderten Hollande und Erdogan die syrischen Oppositionskräfte auf, zum Nutzen eines "freien und geeinten Syriens" ihren Dialog zu vertiefen. Die Präsidenten sprachen zudem über den Kampf gegen "alle Formen des Terrorismus".
Nach türkischen Luftangriffen gegen Syrien: Bundeswehreinsatz in Türkei läuft weiter

08.15 Uhr: Die türkischen Luftschläge im Irak und in Syrien haben zunächst keinen Einfluss auf den Bundeswehr-Einsatz im Süden der Türkei. Die Aufgabe der deutschen "Patriot"-Raketenabwehrstaffeln dort sei es, die Region um die Stadt Kahramanmaras vor Angriffen aus Syrien zu schützen, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montagabend bei einem Besuch in Mali. "Diese Aufgabe bleibt bestehen." Die Soldaten seien auch weit genug vom Zielort der Luftangriffe entfernt.
Kritik an Ankara vor Nato-Sondertreffen zur Türkei

Dienstag, 28. Juli 2015, 06.48 Uhr: UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich besorgt über die türkischen Luftangriffe auf die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK geäußert. Er hoffe auf eine sofortige Rückkehr zu konstruktivem Dialog, so dass eine friedliche Lösung gefunden werden könne, sagte Ban laut Mitteilung der Vereinten Nationen in New York am Montag. Ban rief alle Beteiligten dazu auf, nicht zurückzukehren zu einem "tödlichen Konflikt, der den Menschen in der Türkei in der Vergangenheit schon so viel Leid zugefügt hat".

Die Türkei fliegt seit einigen Tagen Luftangriffe gegen Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK im Nordirak. Auf Antrag der Türkei kommen am Dienstag in Brüssel die Botschafter der 28 Nato-Staaten zusammen.

Ankara hat Beratungen nach Artikel 4 des Nato-Vertrags verlangt. Dieser Artikel sieht Konsultationen vor, wenn ein Nato-Mitglied meint, dass die Unversehrtheit des eigenen Territoriums, die politische Unabhängigkeit oder die eigene Sicherheit bedroht ist. Ob es nach dem Treffen eine gemeinsame Erklärung oder eine Mitteilung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg geben würde, stand im Vorfeld nicht fest.

Vor dem Sondertreffen wächst die Kritik an Ankara. "Die Türkei sollte sich endlich für eine einheitliche Strategie entscheiden und nicht gleichzeitig den Islamischen Staat und dessen Gegner bekämpfen", sagte Elmar Brok (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, der "Welt". Denn damit vergrößere er das Chaos noch, warnt auch Grünen-Politiker Omid Nouripour im Interview mit FOCUS Online.

Verschärfter Reisehinweis: Auswärtiges Amt mahnt zur Vorsicht bei Türkei-Reisen

23.05 Uhr: Angesichts der Angriffe der türkischen Luftwaffe auf Stellungen der kurdischen PKK und der Terrormiliz IS im Nordirak und in Syrien hat das Auswärtige Amt seine Reise- und Sicherheitshinweise aktualisiert. Als Reaktion könne es zu Anschlägen der PKK in der Türkei kommen, heißt es seit heute auf der Homepage des Ministeriums. "Bei Reisen über Land wird zu besonderer Umsicht und Vorsicht geraten." Bisher gebe es keine unmittelbaren Auswirkungen auf Ferienregionen. Angesichts der angespannten Situation empfiehlt das Auswärtige Amt dringend, sich nicht in der Nähe der Grenzen zu Syrien und Irak aufzuhalten und insbesondere Grenzanlagen zu meiden.

Bis zur Niederlegung der Waffen: Türkei will Angriffe auf PKK fortsetzen

20.05 Uhr: Die Türkei will ihre Militäroffensive gegen die kurdische PKK fortsetzen, bis diese ihre Waffen niederlegt. Die türkische Armee werde ihren Kampf fortsetzen, bis "ein bestimmtes Ziel" erreicht sei, sagte Regierungschef Ahmet Davutoglu am Montagabend im Fernsehsender ATV. Er appellierte an die verbotene Kurdische Arbeiterpartei, ihr 2013 gegebenes Versprechen zur Entwaffnung einzulösen.