welt.de, 23.08.2015 http://www.welt.de/politik/ausland/article145518652/Die-Tuerkei-bekaempft-den-IS-nicht.html PKK-Führer "Die Türkei bekämpft den IS nicht" Cemil Bayik gilt hinter Abdullah Öcalan als Nummer zwei der kurdischen PKK. Er wirft der Türkei vor, die Terrormiliz Islamischer Staat nicht zu bekämpfen. Für Erdogan hat er eine Warnung parat. Von Deniz Yücel , Kandil Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) fordert im Konflikt mit der Türkei internationale Vermittler. Die USA könnten diese Rolle übernehmen, sagte Cemil Bayik der "Welt am Sonntag". Bayik gilt hinter dem inhaftierten Abdullah Öcalan (Link: http://www.welt.de/themen/abdullah-oecalan/) als Nummer zwei der Organisation und ist offiziell Kovorsitzender der PKK-Dachorganisation Union der Gemeinschaften Kurdistans (KCK). Er lebt in den Kandil-Bergen im Nordirak, wo die türkische Luftwaffe seit Mitte Juli Stellungen der PKK bombardiert und wo ihn der Korrespondent der Zeitung zum Interview traf. Bayiks Darstellung zufolge unterhält die PKK Kontakte zu den USA. Dass die US-Regierung erst jüngst diese Kontakte bestritten hätte, habe nur mit Rücksicht auf türkische Befindlichkeiten zu tun. An der türkischen Syrien-Politik übte Bayik scharfe Kritik: "Die Türkei bekämpft den IS nicht", sagte er. Die Türkei habe lediglich auf internationalen Druck reagieren müssen. In Wirklichkeit diene die türkische Militäroperation dazu, die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu schützen. Die türkischen Luftangriffe hätten die PKK (Link: http://www.welt.de/themen/pkk/) nicht geschwächt, so Bayik weiter; man habe die "nötigen Vorkehrungen" getroffen. Allerdings gab er zu, dass der Krieg die PKK beeinträchtige – und damit auch ihren Kampf gegen den IS. Diesen Kampf führten die Kurden nicht nur für sich: "Gegen den IS zu kämpfen bedeutet, für die ganze Menschheit zu kämpfen." Solange die Gefährdung durch den IS anhalte, könne niemand von der PKK verlangen, die Waffen niederzulegen – unabhängig von einer Verhandlungslösung mit der Türkei. Die PKK ist nicht im Krieg – noch nicht Für den Bruch des Waffenstillstands machte Bayik die Türkei verantwortlich. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan (Link: http://www.welt.de/themen/recep-tayyip-erdogan/) habe alle in den vergangenen Jahren erzielten Vereinbarungen für "nichtig" erklärt und eine "Politik der Spannung" verfolgt, um damit die Wahl zu gewinnen. Mit dem Krieg gegen die PKK versuche Erdogan, die legale prokurdische Demokratiepartei der Völker (HDP) zu diskreditieren und ihren Wiedereinzug ins Parlament zu verhindern. In Reaktion auf die türkischen Luftangriffe habe die PKK bislang nur von ihrem "Recht auf Vergeltung" Gebrauch gemacht, so Bayik. "Wir sind nicht im Krieg", sagt er. Aber wenn die Türkei "weiter gegen das Volk" vorgehe, werde man der "Guerilla befehlen, in die Städte zu gehen", drohte Bayik. Einen einseitigen Waffenstillstand werde es vonseiten der PKK nicht mehr geben. Auch die Türkei müsse offiziell einen Waffenstillstand verkünden; eine unabhängige Kommission müsse auf beiden Seiten die Einhaltung der Waffenruhe überwachen. Als weitere Vorbedingungen nannte er: "Die Verhandlungen müssen unter gleichen und freien Bedingungen stattfinden", Abdullah Öcalan müsse "als Verhandlungsführer anerkannt werden". Und es brauche eine dritte Partei als Vermittler. Einheiten der PKK
kämpfen an verschiedenen Fronten gegen den Islamischen Staat: im Irak
zusammen mit den irakisch-kurdischen Peschmergamilizen, in Syrien zusammen
mit den Milizen der ihr nahestehenden syrisch-kurdischen PYD. In der Türkei
führt die PKK seit 1984 einen bewaffneten Kampf, dem bislang insgesamt
mindestens 35.000 Menschen zum Opfer gefallen sind. Seit Frühjahr 2013
herrschte ein Waffenstillstand, der im Juli gebrochen wurde.
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