junge Welt, 12.09.2015

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Kinder im Kugelhagel

Ankara setzt Krieg gegen Kurden fort. EU-Kommissionspräsident will Türkei zum »sicheren Herkunftsland« erklären

Die türkische Armee hat am Freitag ihre Luftangriffe gegen Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im benachbarten Irak fortgesetzt. In der Nacht zum Freitag attackierten mehr als 15 Kampfflugzeuge Stellungen der Guerilla in der Grenzregion an. Auch im Südosten der Türkei kam es wieder zu Zusammenstößen. Mutmaßliche Kämpfer der PKK eröffneten in der Stadt Diyarbakir das Feuer auf ein vor allem von Polizisten besuchtes Restaurant. Dabei wurden nach Angaben aus Sicherheitskreisen drei Beamte und ein Zivilist verletzt.

In der Stadt Cizre blieb die seit einer Woche geltende Ausgangssperre in Kraft. Wie die kurdische Nachrichtenagentur Firat berichtete, attackierten türkische Sicherheitskräfte erneut Einwohner, die der Belagerung Widerstand leisteten. Seit Beginn der Auseinandersetzungen starben dort 22 Zivilisten, meldete die Agentur. Am Freitag wurden demnach ein zehn Jahre altes Kind und ein 15 Jahre alter Jugendlicher durch die Kugeln der Polizei getötet. Auch ein 70jähriger starb, weil er trotz Herzbeschwerden wegen der Kämpfe nicht rechtzeitig in ein Krankenhaus gebracht werden konnte.

Trotzdem beharrt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Medienberichten zufolge darauf, die Türkei am Montag zu einem »sicheren Drittstaat« zu erklären, in den Flüchtlinge nach einem verkürzten Verfahren zurückgeschickt werden können. Dagegen regt sich jedoch Widerstand. »Bei der Türkei haben noch eine ganze Reihe von Mitgliedsstaaten erhebliche Bedenken«, zitierte die Nachrichtenagentur AFP einen namentlich nicht genannten EU-Diplomaten. Dort habe es »bei für die EU zentralen Werten wie der Pressefreiheit eindeutig keine Fortschritte gegeben«. Die Angriffe auf die Kurden und die Verwicklung Ankaras in den Krieg in Syrien gelten dagegen offenbar nicht als Hindernis. Ausgemacht scheint auch die Aufnahme von Albanien, Bosnien, Mazedonien, Kosovo, Serbien und Montenegro in die Liste.

(Reuters/Firat/AFP/jW)