spiegel.de,
13.09.2015 http://www.spiegel.de/politik/ausland/kurden-konflikt-in-deutschland-erneut-ausgangssperre-in-cizre-a-1052742.html Kurden-Konflikt: Erneut Ausgangssperre in Cizre - Zusammenstöße auch in Deutschland Ein Anschlag, mehrere Schusswechsel: Türkische Behörden haben erneut eine Ausgangssperre für Cizre verhängt. In Istanbul gab es Ausschreitungen - und die Auseinandersetzungen zwischen Kurden und türkischen Nationalisten erreichen Deutschland. Nach einem tödlichen Bombenanschlag und Feuergefechten zwischen Polizisten und Kurden haben türkische Behörden erneut eine Ausgangssperre für die südtürkische Stadt Cizre verhängt. Sie war nach neun Tagen am Samstagabend aufgehoben worden - und wurde nun auf unbestimmte Zeit wieder eingeführt. Im Konflikt zwischen kurdischen Aufständischen und Sicherheitskräften waren in der Türkei am Sonntag mindestens acht Menschen ums Leben gekommen.Im Zentrum der türkischen Metropole Istanbul ging die Polizei zudem am Abend mit Tränengas und Wasserwerfern gegen pro-kurdische Demonstranten vor, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Auch in Deutschland kam es am Wochenende zu Ausschreitungen bei Demonstrationen: Am Rande von Auseinandersetzungen zwischen Gegnern und Unterstützern der PKK wurde in Hannover ein Kurde durch einen Messerstich schwer verletzt. Der 26-Jährige sei nach einer Notoperation außer Lebensgefahr, teilte die Polizei mit. Aus Protest zogen am Nachmittag rund 1100 Menschen, überwiegend Kurden, durch die Stadt. In Essen konnten
trotz Versammlungsverbot Auseinandersetzungen zwischen einigen hundert
Türken und Kurden nur dank eines großen Polizeiaufgebots verhindert werden.
Türkische Nationalisten hätten in den vergangenen Tagen für eine Kundgebung
geworben, teilte die Polizei mit. Rund 150 türkischstämmige Personen und
80 bis 100 Gegendemonstranten aus dem PKK-Lager seien zu dem Treffpunkt
gekommen. Im türkischen Cizre gilt die neue Ausgangssperre für die mehr als 100.000 Einwohner seit Sonntagabend, wie die Nachrichtenagentur DHA unter Berufung auf den Gouverneur der südosttürkischen Provinz Sirnak meldete. Bereits vom 4. September an durften die Bewohner der Stadt fast neun Tage lang ihre Häuser nicht verlassen. Sicherheitskräfte hatten die Stadt von der Außenwelt abgeriegelt. Die in Deutschland verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK hatte 1984 einen bewaffneten Kampf für Unabhängigkeit der Kurden aufgenommen, der Konflikt hatte sich Ende Juli 2015 stark verschärft. Die türkische Regierung und die von ihr als Terrororganisation eingestufte PKK werfen sich gegenseitig vor, die bis dahin geltende Waffenruhe gebrochen zu haben. In den vergangenen Wochen verübte die PKK in der Türkei zahlreiche Anschläge. Die Armee reagierte mit Bombardierungen von mutmaßlichen PKK-Stellungen im Nordirak und schickte Spezialkräfte über die Grenze. Fotostrecke 6 Bilder Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP bestätigte auf einem Wahlparteitag am Wochenende den Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu als Parteivorsitzenden. Bei der Wahl im Juni hatte die AKP ihre Mehrheit verloren, weil die prokurdische HDP erstmals die Hürde von zehn Prozent übersprungen hatte. Nach dem Scheitern von Koalitionsgesprächen wurden Neuwahlen anberaumt, bei denen Davutoglu erneut als Spitzenkandidat der AKP antreten wird.
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