welt.de, 06.10.2015

http://www.welt.de/politik/ausland/article147254799/Der-Westen-will-ein-Blutvergiessen.html

Baschar al-Assad

"Der Westen will ein Blutvergießen"

Das Ausland werde nicht über Syriens Zukunft entscheiden, tönt der syrische Machthaber in einem TV-Interview selbstbewusst. Für seine Einmischung werde der Westen einen hohen Preis zahlen müssen.

Syrien liegt in Schutt und Asche. Millionen Syrer sind vor dem Bürgerkrieg im Land auf der Flucht. 250.000 Menschen sind nach UN-Schätzungen bereits getötet worden. Schäden in Höhe von 200 Milliarden Dollar sollen die Kämpfe an der Infrastruktur angerichtet haben.

Der Bürgerkrieg begann vor vier Jahren, nachdem Präsident Baschar al-Assad zunächst friedliche Proteste für mehr Demokratie blutig niederschlagen ließ. Im Westen wurde immer wieder sein Rücktritt gefordert. In Paris laufen vorläufige Ermittlungen gegen Assad wegen Kriegsverbrechen (Link: http://www.welt.de/147033329) .

Der syrische Präsident zeigt sich von alldem unbeeindruckt. In einem TV-Interview (Link: http://sana.sy/en/?p=56697http://sana.sy/en/?p=56697) mit dem iranischen Sender Khabar TV präsentiert er sich voller Selbstbewusstsein: "Ach, all diese Ansichten werden vom Westen verbreitet. Das können wir in Syrien nicht ernst nehmen. Und ich glaube, unsere iranischen Brüder teilen unsere Sichtweise." Allgemein vertraue er westlichen Aussagen überhaupt nicht mehr, sagt er.

"Um es ganz klar zu sagen: Das Ausland entscheidet nicht über Syriens Zukunft, Syriens politisches System oder die Personen, die Syrien regieren", so Assad. Dies sei die Entscheidung der Syrer. Er nennt die westlichen Staaten "verwirrt". Ihre Ziele seien die Zerstörung der Infrastruktur und Blutvergießen, so Assad.

Syrien solle unterworfen und eine vom Ausland gesteuerte Regierung eingesetzt werden. Die Menschen merkten aber langsam, sagt Assad, dass die westlichen Staaten sie belügen würden. Auch der Westen bezahle seinen Preise dafür, durch Terroranschläge oder durch die vielen Flüchtlinge, die in die Länder strömen.

Wer Syrien regiere, das sei eine interne Angelegenheit

Zudem hätten die westlichen Staaten alle einen "Gebieter" – die USA, so Assad, und ihr Ziel sei, den syrischen Staat zu schwächen. Westliche Regierungschefs und auch Saudi-Arabien hatten den Rücktritt des syrischen Machthabers gefordert.

Wer Syrien regiere, das sei allein eine interne syrische Angelegenheit, wiederholte Assad. Und gerade Saudi-Arabien sei ja nun kein Vorzeigemodell für Demokratie, sagte er. Man versuche mit der Diskussion über das Präsidentenamt, das Syrien-Problem zu personifizieren. Dabei hätten Syriens Probleme nichts mit dem Präsidenten, also ihm, zu tun, sondern mit den Institutionen. Sie müssten reformiert werden.

Die meisten Syrer sind laut Menschenrechtsorganisationen durch die Bomben des Regimes getötet worden. Die Menschen fliehen also auch vor Assad. Umso erschreckender ist, was der Präsident zu der Flüchtlingskrise sagt. Die Bilder von syrischen Flüchtlingen zu sehen sei "schmerzhaft", so Assad. Das werde für immer ein schwarzer Fleck in Syriens Geschichte sein. Noch schmerzhafter sei für ihn aber, wie der Westen die Flüchtlingskrise als humanitäre Katastrophe über die Medien ausbeute. Dabei habe er sie durch die Unterstützung des Terrorismus und die Sanktionen gegen Syrien mitverursacht.

Vor einem Jahr starteten die USA eine Luftoffensive gegen die Kämpfer des Islamischen Staates (IS). Diese Luftschläge der westlich-arabischen Allianz seien kontraproduktiv gewesen, sagt nun Assad. Sie hätten nur terroristischen Organisationen zu neuen Kämpfern verholfen, und der Terrorismus hätte sich seitdem geografisch ausgeweitet. "Nur Syrien, Russland und seine Verbündeten (Link: http://www.welt.de/147252155) können den Mittleren Osten vor dem völligen Zerfall retten", ist der Präsident überzeugt.

Seit Kurzem fliegt in Syrien auch Russland Luftangriffe – angeblich mit dem Ziel, die Terrormiliz Islamischer Staat zu bekämpfen. US-Präsident Barack Obama hatte Moskau am Wochenende vorgeworfen, es greife in Syrien vor allem Oppositionelle an.